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Dokumentation
Botschaft des Heiligen Vaters Papst Franziskus zur Feier des Weltfriedenstags, 1. Januar 2014

Brüderlichkeit – Fundament und Weg des Friedens

Brüderlichkeit – Fundament und Weg des Friedens
1. In dieser meiner ersten Botschaft zum Weltfriedenstag möchte ich an alle – Einzelne wie Völker – meinen Glückwunsch für ein Leben voller Freude und Hoffnung richten. Jeder Mensch hegt ja in seinem Herzen den Wunsch nach einem erfüllten Leben. Und dazu gehört ein unstillbares Verlangen nach Brüderlichkeit, das zu einer Gemeinschaft mit den anderen drängt, in denen wir nicht Feinde oder Konkurrenten sehen, sondern Geschwister, die man aufnimmt und umarmt.

In der Tat ist die Brüderlichkeit eine wesentliche Dimension des Menschen, der ein relationales Wesen ist. Das lebendige Bewusstsein dieser Bezüglichkeit bringt uns dazu, jeden Menschen als wirkliche Schwester bzw. wirklichen Bruder zu sehen und zu behandeln; ohne dieses Bewusstsein wird es unmöglich, eine gerechte Gesellschaft und einen gefestigten, dauerhaften Frieden aufzubauen. Und es ist sogleich daran zu erinnern, dass man die Brüderlichkeit gewöhnlich im Schoß der Familie zu lernen beginnt, vor allem dank der verantwortlichen und einander ergänzenden Rollen aller ihrer Mitglieder, besonders des Vaters und der Mutter. Die Familie ist die Quelle jeder Brüderlichkeit und daher auch das Fundament und der Hauptweg des Friedens, denn aufgrund ihrer Berufung müsste sie die Welt mit ihrer Liebe gleichsam anstecken.

Die ständig steigende Zahl der Verbindungen und Kontakte, die unseren Planeten überziehen, macht das Bewusstsein der Einheit und des Teilens eines gemeinsamen Geschicks unter den Nationen greifbarer. So sehen wir, dass in die Geschichtsabläufe trotz der Verschiedenheit der Ethnien, der Gesellschaften und der Kulturen die Berufung hineingelegt ist, eine Gemeinschaft zu bilden, die aus Geschwistern zusammengesetzt ist, die einander annehmen und füreinander sorgen. Diese Berufung steht jedoch bis heute oft im Widerspruch zu den Gegebenheiten und wird durch sie Lügen gestraft in einer Welt, die durch jene »Globalisierung der Gleichgültigkeit« gekennzeichnet ist, die uns dazu führt, uns langsam an das Leiden des anderen zu »gewöhnen« und uns in uns selbst zu verschließen.

In vielen Teilen der Welt scheint die schwere Verletzung der elementaren Menschenrechte – vor allem des Rechts auf Leben und des Rechts auf Religionsfreiheit – ununterbrochen weiterzugehen. Die tragische Erscheinung des Menschenhandels, in dem skrupellose Personen mit dem Leben und der Verzweiflung anderer spekulieren, ist ein beunruhigendes Beispiel dafür. Zu den Kriegen, die in bewaffneten Auseinandersetzungen bestehen, gesellen sich weniger sichtbare, aber nicht weniger grausame Kriege, die im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich mit Mitteln ausgefochten werden, die ebenfalls Menschenleben, Familien und Unternehmen zerstören.

Wie Papst Benedikt XVI. sagte, macht die Globalisierung uns zu Nachbarn, aber nicht zu Geschwistern. Außerdem weisen die vielen Situationen von unverhältnismäßiger Ungleichheit, Armut und Ungerechtigkeit nicht nur auf einen tiefen Mangel an Brüderlichkeit hin, sondern auch auf das Fehlen einer Kultur der Solidarität. Die neuen Ideologien, die durch verbreiteten Individualismus, Egozentrismus und materialistischen Konsumismus gekennzeichnet sind, schwächen die sozialen Bindungen, indem sie jene Mentalität der »Aussonderung« fördern, die dazu verleitet, die Ärmsten, diejenigen, die als »nutzlos« betrachtet werden, zu verachten und zu verlassen. So wird das menschliche Zusammenleben einem bloßen pragmatischen und egoistischen »Do ut des« immer ähnlicher. [...]
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