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Dokumentation
Botschaft von Papst Franziskus zum achten Welttag der Armen am 17. November

Das Gebet des Armen steigt zu Gott empor

Das Gebet des Armen steigt zu Gott empor
Gonzalo Carrasco, »Hiob« (1881)
Das Gebet des Armen steigt zu Gott empor
(vgl. Jesus Sirach 21,5)

Liebe Brüder und Schwestern!

1. Das Gebet des Armen steigt zu Gott empor (vgl. Sir 21,5). Im Jahr, das dem Gebet gewidmet ist, und im Hinblick auf das ordentliche Jubiläum 2025 ist diese Aussage biblischer Weisheit umso angemessener, um uns auf den achten Welttag der Armen vorzubereiten, der am 17. November stattfinden wird. Die christliche Hoffnung schließt auch die Gewissheit ein, dass unser Gebet vor das Angesicht Gottes gelangt; aber nicht irgendein Gebet: das Gebet des Armen! Denken wir über dieses Wort nach und »lesen« wir es auf den Gesichtern und in den Geschichten der Armen, denen wir in unseren Tagen begegnen, damit das Gebet zu einem Weg der Gemeinschaft mit ihnen wird und wir ihr Leid teilen.

2. Das Buch Jesus Sirach, auf das wir uns beziehen, ist nicht sehr bekannt und verdient es, entdeckt zu werden wegen der Fülle der Themen, die es anspricht, besonders wenn es die Beziehung des Menschen zu Gott und zur Welt berührt. Sein Autor, Ben Sira, ist ein Lehrer, ein Schriftgelehrter aus Jerusalem, der wahrscheinlich im 2. Jahrhundert v. Chr. schrieb. Er ist ein weiser Mann, der in der Tradition Israels verwurzelt ist und über verschiedene Bereiche des menschlichen Lebens lehrt: von der Arbeit bis zur Familie, vom Leben in der Gesellschaft bis zur Erziehung der Jugend; er widmet sich den Fragen des Glaubens an Gott und der Einhaltung des Gesetzes. Er behandelt die nicht einfachen Probleme der Freiheit, des Bösen und der göttlichen Gerechtigkeit, die auch für uns heute sehr aktuell sind. Ben Sira, inspiriert vom Heiligen Geist, möchte allen den Weg zu einem weisen und würdigen Leben vor Gott und den Brüdern und Schwestern aufzeigen.

3. Eines der Themen, dem dieser heilige Schriftsteller am meisten Raum widmet, ist das Gebet. Er tut dies mit großem Eifer, weil er seine persönliche Erfahrung zum Ausdruck bringt. In der Tat könnte keine Schrift über das Gebet wirkungsvoll und fruchtbar sein, wenn sie nicht von denen stammt, die jeden Tag in Gottes Gegenwart weilen und auf sein Wort hören. Ben Sira erklärt, dass er schon in seiner Jugend nach Weisheit strebte: »Als ich noch jung war, bevor ich auf Wanderschaft ging, habe ich offen in meinem Beten Weisheit gesucht« (Sir 51,13).

4. Auf seinem Weg entdeckt er eine der grundlegenden Wirklichkeiten der Offenbarung, nämlich die Tatsache, dass die Armen einen bevorzugten Platz im Herzen Gottes einnehmen, dass Gott angesichts ihres Leidens sogar »ungeduldig« ist, bis er ihnen Gerechtigkeit widerfahren lässt: »Das Gebet eines Demütigen durchdringt die Wolken, und bevor es nicht angekommen ist, wird er nicht getröstet und er lässt nicht nach, bis der Höchste daraufschaut. Und er wird für die Gerechten entscheiden und ein Urteil fällen. Und der Herr wird gewiss nicht zögern und nicht langmütig sein gegen die Unbarmherzigen« (Sir 35,21-22). Gott kennt die Leiden seiner Kinder, denn er ist ein aufmerksamer und fürsorglicher Vater für alle. Als Vater kümmert er sich um diejenigen, die ihn am meisten brauchen: die Armen, die Ausgegrenzten, die Leidenden, die Vergessenen… Aber niemand ist aus seinem Herzen ausgeschlossen, denn wir alle sind vor ihm arm und bedürftig. Wir sind alle Bettler, denn ohne Gott wären wir nichts. Wir hätten nicht einmal das Leben, wenn Gott es uns nicht geschenkt hätte. Und doch, wie oft leben wir so, als ob wir die Herren über das Leben wären oder als ob wir es erobern müssten! Die weltliche Denkweise fordert, dass wir jemand sind, dass wir uns trotz allem und jedem einen Namen machen, dass wir gesellschaftliche Regeln brechen, um ja nur Reichtum zu erreichen. Was für eine traurige Illusion! Das Glück erlangt man nicht, indem man das Recht und die Würde anderer mit Füßen tritt. [...]
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