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Dokumentation
Interview von Kardinal Parolin mit den Vatikanmedien im Zusammenhang mit der Ernennung des Bischofs von Shanghai

Für das Wohl der chinesischen Katholiken

Für das Wohl der chinesischen Katholiken
Bischof Josef Shen Bin wurde 1970 in Qidong in der Provinz Jiangsu an der Mündung des Jangtsekiang geboren. Nach dem Studium der Philosophie in Shanghai und der Theologie in Peking empfing er 1996 das Sakrament der Priesterweihe. 2010 wurde er zum Bischof von Haimen ernannt, wobei der Heilige Stuhl der Ernennung zustimmte. Die Bischofsweihe empfing er vier Tage später. Seit dem 15. Juli 2023 ist er auch vom Heiligen Stuhl anerkannter Bischof von Shanghai.
Foto: KNA
Papst Franziskus hat am 15. Juli Josef Shen Bin, bisher Bischof der Diözese Haimen in der Provinz Jiangsu, zum Bischof von Shanghai in Kontinentalchina ernannt. Über diese Entscheidung und mögliche Entwicklungen im Dialog zwischen dem Heiligen Stuhl und den Behörden der Volksrepublik China hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin den Vatikanmedien das folgende Interview gegeben.

Eminenz, der Heilige Stuhl hat die Ernennung von Josef Shen Bin zum Bischof von Shanghai bekanntgegeben, nachdem dieser bereits faktisch aus der Diözese Haimen dorthin gewechselt hatte. Warum geschah dies und welche Bedeutung hat die Geste von Papst Franziskus?

Kardinal Parolin: Um das Geschehene zu erläutern, scheint es mir nützlich, auf die Präzedenzfälle und Umstände der Angelegenheit hinzuweisen. Wie wir uns erinnern, ist das Vorläufige Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China bezüglich der Ernennung von Bischöfen am 22. Oktober 2022 für weitere zwei Jahre verlängert worden. Etwa einen Monat später hat der Heilige Stuhl seiner Überraschung und seinem Bedauern über die Nachricht Ausdruck verliehen, dass Johannes Peng Weizhao, Bischof von Yujiang, als Weihbischof in der Diözese Jiangxi eingeführt wurde, ohne Anerkennung des Heiligen Stuhls und ohne dass dieser konsultiert oder informiert worden wäre. Was dagegen Shanghai betrifft, so wurde der Heilige Stuhl von den chinesischen Behörden zwar über die Versetzung des Bischofs von Haimen informiert, aber ohne dass er zuvor einbezogen worden wäre. Die Entscheidung, sich Zeit zu nehmen, bevor dieser Fall öffentlich kommentiert wird, hat seinen Grund in der Notwendigkeit, sowohl die pastorale Situation der Diözese Shanghai, die vom Heiligen Stuhl anerkannt ist und schon zu lange Zeit ohne Bischof war, als auch die Zweckmäßigkeit der Versetzung dieses sehr geschätzten Hirten aus Haimen sorgfältig zu prüfen.

Beide Versetzungen wurden ohne Einbeziehung des Heiligen Stuhls vorgenommen. Dieser Modus Procedendi scheint den Geist des Dialogs und der Zusammenarbeit nicht zu berücksichtigen, der sich zwischen dem Vatikan und China mit den Jahren entwickelt hat, und der im Abkommen einen Orientierungspunkt hat. Papst Franziskus hat aber entschieden, die kanonische Rechtswidrigkeit, die in Shanghai entstanden ist, zu sanieren – im Hinblick auf das größere Wohl der Diözese und eine fruchtbare Ausübung des pastoralen Dienstes des Bischofs. Die Absicht des Papstes ist wesentlich pastoral und wird es Bischof Shen Bin erlauben, mit größerer Ruhe zu arbeiten, um die Evangelisierung und den Zusammenhalt zu fördern. Zugleich hoffen wir, dass er im Einvernehmen mit den Behörden eine gerechte und kluge Lösung für einige andere in der Diözese seit Langem anhängige Fragen finden kann, wie zum Beispiel die Position der beiden Weihbischöfe: Thaddäus Ma Daqin, der nicht zugelassen wird, und Josef Xing Wenzhi, der sich zurückgezogen hat.

Können Sie uns unter Berücksichtigung der Vertraulichkeit des Textes sagen, was das »vorläufige Abkommen« in diesem Fall vorsieht oder ob zumindest ähnliche Fälle darin berücksichtigt werden?


Kardinal Parolin: Wie wir wissen, wurde das Vorläufige Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China bezüglich der Ernennung von Bischöfen am 22. September 2018 abgeschlossen mit einer Gültigkeit für zwei Jahre und wurde dann zweimal verlängert, zum ersten Mal 2020 und das zweite Mal 2022. Der Text ist vertraulich, weil er noch nicht definitiv approbiert wurde. Er dreht sich um das Grundprinzip der Konsensualität von Entscheidungen in Bezug auf die Bischöfe. Sollten sich neue, unvorhergesehene Situationen ergeben, so wird es darum gehen, in guter Absicht und mit Weitsicht eine Lösung zu suchen, indem man das schriftlich Festgehaltene genauer deutet und sich dabei an den Prinzipien orientiert, die die Abfassung des Textes inspiriert haben. Wir bemühen uns daher derzeit um eine Klärung dieses Punktes in einem offenen Dialog und respektvollen Austausch mit dem chinesischen Partner. Im Vertrauen auf die Klugheit und den guten Willen aller hoffen wir, zu einem positiven Ergebnis zu kommen, das der Fortsetzung des Weges dienlich ist und Schwierigkeiten überwinden hilft.

Glauben Sie, dass einseitige Bischofsversetzungen in China wieder vorkommen werden? Und warum ist es wichtig, dass die Ernennung von Bischöfen in China im Konsens erfolgt?

Kardinal Parolin: Zunächst möchte ich sagen, dass Bischofsversetzungen von einer Diözese in eine andere keine kanonische Anomalie sind, sondern Maßnahmen, die sozusagen zur »Physiologie« der Leitung der Kirche in der ganzen Welt gehören, wenn die pastoralen Anforderungen und letztlich das Wohl der Seelen dies erfordern. Auch in China ist es sinnvoll, wenn in der vakanten Diözese kein geeigneter Kandidat gefunden wird, ihn in einem weiteren Umkreis zu suchen. In diesem Sinne ist der Heilige Stuhl nicht gegen die Versetzung von Bischöfen in China. Problematisch wäre es, wenn dies nicht einvernehmlich erfolgen würde. Meiner Meinung nach lassen sich solche Schwierigkeiten durch die korrekte Anwendung des Abkommens vermeiden. Es ist daher wichtig, ich würde sogar sagen unerlässlich, dass alle Bischofsernennungen in China, einschließlich der Versetzungen, wie vereinbart im Konsens erfolgen und der Geist des Dialogs zwischen den Partnern des Abkommens lebendig bleibt. Gemeinsam müssen wir unharmonische Situationen vermeiden, die auch innerhalb der katholischen Gemeinschaften zu Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen führen; und eine gute Umsetzung des Abkommens ist neben einem aufrichtigen Dialog eines der Mittel, um dies zu erreichen. [...]
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