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Dokumentation
Besuch der Römischen Synagoge

Christen und Juden vereint ein unauflösliches Band

Ansprache von Papst Franziskus am 17. Januar
Christen und Juden vereint ein unauflösliches Band
Der Innenraum der römischen Synagoge.
Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich, heute hier in dieser Großen Synagoge bei euch zu sein. Für ihre freundlichen Worte danke ich Dr. Di Segni, Frau Dr. Dureghello und Rechtsanwalt Gattegna. Und euch allen danke ich für den herzlichen Empfang, danke! Todà rabbà!

Anlässlich meines ersten Besuchs dieser Synagoge als Bischof von Rom möchte ich euch den brüderlichen Friedensgruß dieser Teilkirche und der ganzen katholischen Kirche zum Ausdruck bringen und in diesen Gruß alle jüdischen Gemeinden einschließen.

Unsere Beziehungen liegen mir sehr am Herzen. Schon in Buenos Aires pflegte ich die Synagogen zu besuchen und den dort versammelten Gemeinschaften zu begegnen, die jüdischen Feste und Gedenktage aus der Nähe zu begleiten und dem Herrn zu danken, der uns das Leben schenkt und uns auf dem Weg der Geschichte begleitet. Im Lauf der Zeit ist ein geistliches Band gewachsen, welches das Entstehen echter freundschaftlicher Beziehungen gefördert und auch einen gemeinsamen Einsatz inspiriert hat. Im interreligiösen Dialog ist es von grundlegender Bedeutung, dass wir uns vor unserem Schöpfer als Brüder und Schwestern begegnen, und ihn preisen wir, dass wir uns gegenseitig respektieren und schätzen und uns um Zusammenarbeit bemühen. Und im jüdisch-christlichen Dialog gibt es ein einzigartiges, besonderes Band durch die jüdischen Wurzeln des Christentums: Juden und Christen müssen sich also als Brüder fühlen, vereint von demselben Gott und einem reichen gemeinsamen geistlichen Erbe (vgl. Erklärung Nostra aetate, 4), auf das man sich stützen und die Zukunft weiter aufbauen muss.

Mit diesem meinem Besuch folge ich den Spuren meiner Vorgänger. Papst Johannes Paul II. kam vor 30 Jahren hierhin, am 13. April 1986; und Papst Benedikt XVI. war vor sechs Jahren bei euch. Johannes Paul II. prägte bei jener Gelegenheit den schönen Ausdruck »ältere Brüder«, und in der Tat seid ihr unsere älteren Brüder und unsere älteren Schwestern im Glauben. Wir gehören alle zu einer einzigen Familie, zur Familie Gottes, der uns als sein Volk begleitet und schützt. Als Juden und Katholiken sind wir gemeinsam aufgerufen, unsere Verantwortung gegenüber dieser Stadt wahrzunehmen, unseren – vor allem geistlichen Beitrag – zu leisten und die Lösung der verschiedenen aktuellen Probleme zu unterstützen. Ich wünsche, dass die Nähe, die gegenseitige Kenntnis und Wertschätzung zwischen unseren beiden Glaubensgemeinschaften immer mehr wachsen mögen. Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass ich gerade heute, am 17. Januar, zu euch gekommen bin, an dem Tag, an dem die Italienische Bischofskonferenz den »Tag des Dialogs zwischen Katholiken und Juden« begeht.

Vor kurzem haben wir des 50. Jahrestags der Erklärung Nostra aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils gedacht, der den systematischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum ermöglicht hat. Am vergangenen 28. Oktober durfte ich auf dem Petersplatz auch zahlreiche jüdische Vertreter begrüßen und habe gesagt: »Besonders müssen wir Gott danken für den echten Wandel, den die Beziehung zwischen Christen und Juden in diesen 50 Jahren erfahren hat. Gleichgültigkeit und Gegnerschaft haben sich in Zusammenarbeit und Wohlwollen verwandelt. Von Feinden und Fremden sind wir zu Freunden und Brüdern geworden. Das Konzil hat durch die Erklärung Nostra aetate den Weg aufgezeigt: ›Ja‹ zur Wiederentdeckung der jüdischen Wurzeln des Christentums; ›Nein‹ zu jeder Form von Antisemitismus, Verurteilung jeder Beleidigung, Diskriminierung und Verfolgung, die daraus hervorgehen.« Nostra aetate hat die Beziehungen der katholischen Kirche zum Judentum zum ersten Mal explizit theologisch definiert. Sie hat natürlich nicht alle uns betreffenden theologischen Fragen gelöst, aber sie hat in ermutigender Weise auf sie Bezug genommen und einen sehr wichtigen Impuls zu notwendiger, weiterer Reflexion gegeben. Diesbezüglich hat die Kommission für die religiösen Beziehungen mit dem Judentum am 10. Dezember 2015 ein neues Dokument veröffentlicht, das die theologischen Fragen behandelt, die in den seit der Promulgierung von Nostra aetate vergangenen Jahrzehnten zutage getreten sind. In der Tat verdient die theologische Dimension des jüdisch-katholischen Dialogs stets weitergehende Vertiefung, und ich möchte all jene, die an diesem Dialog beteiligt sind, ermutigen, mit Unterscheidungsgabe und Ausdauer in dieser Richtung fortzufahren. Gerade unter theologischem Gesichtspunkt zeigt sich ganz klar das unauflösliche Band, das Christen und Juden vereint. Um sich selbst zu verstehen, können die Christen nicht von den jüdischen Wurzeln absehen, und auch wenn die Kirche das Heil durch den Glauben an Christus verkündet, so erkennt sie doch die Unwiderruflichkeit des Alten Bundes und die beständige und treue Liebe Gottes zu Israel an. [...]
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