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Kirche in der Welt
Audienz für eine Delegation des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Zusammen gehen, ohne müde zu werden

Ansprache von Papst Franziskus am 6. Februar
Zusammen gehen, ohne müde zu werden
Papst Franziskus brachte den Wunsch zum Ausdruck, »auf diesem segensreichen Weg des geschwisterlichen Miteinanders voranzukommen.«
Liebe Brüder und Schwestern,

mit Freude heiße ich Sie willkommen und begrüße Sie herzlich. Ich danke Herrn Landesbischof Bedford-Strohm für seine freundlichen Worte – ein Mann mit Feuer im Herzen! – und freue mich über die Anwesenheit von Kardinal Marx: Dass der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz die Delegation der evangelischen Kirche in Deutschland begleitet, ist eine Frucht langjähriger Zusammenarbeit und Ausdruck einer im Laufe der Jahre gereiften ökumenischen Beziehung. Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf diesem segensreichen Weg des geschwisterlichen Miteinanders vorankommen und mutig und entschlossen auf eine immer vollkommenere Einheit hin fortschreiten. Wir haben die gleiche Taufe: Wir müssen zusammen gehen, ohne müde zu werden!

Es ist bedeutsam, dass anlässlich des 500. Jahrestags der Reformation evangelische und katholische Christen das gemeinsame Gedenken der geschichtsträchtigen Ereignisse der Vergangenheit zum Anlass nehmen, um Christus erneut ins Zentrum ihrer Beziehungen zu stellen. Gerade »die Frage nach Gott«, die Frage: »Wie kriege ich einen gnädigen Gott?« war »die tiefe Leidenschaft und Triebfeder [des] Lebens und [des] ganzen Weges« von Martin Luther (Benedikt XVI., Begegnung mit den Vertretern der evangelischen Kirche in Deutschland, 23. September 2011). Was die Reformatoren beseelte und beunruhigte, war im Grunde der Wunsch, den Weg zu Christus zu weisen. Das muss uns auch heute am Herzen liegen, nachdem wir dank Gottes Hilfe wieder einen gemeinsamen Weg eingeschlagen haben. Dieses Gedenkjahr bietet uns die Gelegenheit, einen weiteren Schritt vorwärts zu tun, indem wir nicht grollend auf die Vergangenheit schauen, sondern im Sinne Christi und in der Gemeinschaft mit ihm, um den Menschen unserer Zeit wieder die radikale Neuheit Jesu und die grenzenlose Barmherzigkeit Gottes vor Augen zu stellen: genau das, was die Reformatoren in ihrer Zeit anregen wollten. Dass ihr Ruf zur Erneuerung Entwicklungen auslöste, die zu Spaltungen unter den Christen führten, war wirklich tragisch. Die Gläubigen erlebten einander nicht mehr als Brüder und Schwestern im Glauben, sondern als Gegner und Konkurrenten. Allzu lange haben sie Feindseligkeiten gehegt und sich in Kämpfe verbissen, die durch politische Interessen und durch Machtstreben genährt wurden, und scheuten bisweilen nicht einmal davor zurück, einander Gewalt anzutun, Bruder gegen Bruder. Heute hingegen sagen wir Gott Dank, dass wir endlich »alle Last […] abwerfen« und brüderlich »mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken« (Hebr 12,1-2).

Ich bin Ihnen dankbar, weil Sie vorhaben, mit diesem Blick gemeinsam in Demut und mit Freimut eine Vergangenheit anzugehen, die uns schmerzt, und in Kürze miteinander einen bedeutenden Akt der Buße und der Versöhnung zu vollziehen: einen ökumenischen Gottesdienst unter dem Leitwort »Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen«. So werden Sie – Katholiken und Protestanten in Deutschland – betend auf den starken Ruf antworten können, den Sie im Ursprungsland der Reformation gemeinsam vernehmen: in Gott das Gedächtnis zu reinigen, um innerlich erneuert und vom Heiligen Geist ausgesandt, dem Menschen von heute Jesus zu bringen. Mit diesem Zeichen und weiteren für dieses Jahr vorgesehenen Initiativen – der gemeinsamen Pilgerreise ins Heilige Land, der gemeinsamen Bibeltagung zur Vorstellung der neuen Bibelübersetzungen und dem ökumenischen Tag zum Thema der gesellschaftlichen Verantwortung der Christen – beabsichtigen Sie, dem Christusfest, das Sie anlässlich des Reformationsgedenkens gemeinsam feiern wollen, eine konkrete Gestalt zu verleihen. Mögen die Wiederentdeckung der gemeinsamen Glaubensquellen, die Heilung der Erinnerung in Gebet und Nächstenliebe sowie die praktische Zusammenarbeit bei der Verbreitung des Evangeliums und dem Dienst an den Mitmenschen Impulse sein, um noch rascher auf dem Weg voranzukommen. [...]
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