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Kirche in der Welt
Das Jerusalemkreuz – ein enigmatisches Zeichen?

Versuch einer Konstruktion seiner Genese und Sinngebung

Versuch einer Konstruktion seiner Genese und Sinngebung
Auf dem »Jüngsten Gericht« von Giotto in der Scrovegni-Kapelle in Padua halten zwei Engel eine Fahne mit dem Jerusalemkreuz.
Von Mordechay Lewy,
Botschafter von Israel beim Heiligen Stuhl

Wer die Altäre bei den großen Messen beim päpstlichen Besuch in Israel beobachten konnte, hatte immer das Jerusalemkreuz als Blickfang im Auge. Dieses Wappen scheint allgegenwärtig zu sein. Man findet es als Emblem der franziskanischen Kustodie im Heiligen Land seit Jahrhunderten. Es gilt ebenso als das Wappen der Ritter vom Heiligen Grabe zu Jerusalem. Auch das lateinische Patriarchat von Jerusalem nimmt dieses Zeichen in Anspruch. Mehr noch, das Jerusalemkreuz ist ein fester Bestandteil der Nationalflagge Georgiens, des Wappens der Insel Puerto Rico und der Stadt Aix-en-Provence. Sowohl der katholische »Deutsche Verein vom Heiligen Lande«, wie auch der »Evangelische Jerusalemsverein« beim Berliner Missionswerk nehmen es in Anspruch. Ist es ein beliebig benutzbares Symbol? Welche Bedeutung hat es, und wie ist es entstanden?

Das Jerusalemkreuz ist eigentlich leicht zu erkennen durch seine Komponenten: ein griechisches Kreuz (mit gleichlangen Balken), ein Krückenkreuz (»cross potent«) oder Malteserkreuz (»cross patee«), umringt von vier Kreuzlein, je einem zwischen den vier Balken. Dieses Kreuz macht mit seinen Farben eine heraldische Ausnahme: Gold auf Silber – zwei metallene Farben, die sonst nicht aufeinanderliegen dürfen. Für meine Ausführungen ist das relevante Attribut weder die Farbgebung noch die Kreuzform. Es ist die Zahl 5 der Kreuze (1+4), die diesem Zeichen seinen Sinn stiftet.

Frühe Kreuzformen

Seine früheste Form tauchte schon in der frühchristlichen Kunst auf. Franz Dölger wies bereits auf jakobitische und nestorianische Hostienstempel hin und datierte sie auf das 5. Jahrhundert (F. J. Dölger, Antike und Christentum, I, Münster 1929, S. 27). Diese Form erschien auch in Stein gemeißelt in der Kirche von Umm el-Djemal in Jordanien. Diese frühen Kreuzformen werden kosmische Kreuze genannt. Sie entbehren den direkten Bezug auf Jerusalem. Bei dem sogenannten Servatiusschlüssel, auf dessen Bart ein ausgereiftes Jerusalemkreuz angefertigt wurde, stehen wir aber vor einem Rätsel, seitdem Viktor Elbern diesen Schlüssel in Zusammenhang mit Jerusalem gebracht hat (V. H. Elbern, Crucis edita forma – Gestalt und Bedeutung des sogenannten Jerusalemer Kreuzes, F. J. Felten et N. Jaspers, Hrsg.,Vita Religiosa im Mittelalter [Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburtstag], Berlin 1999, S. 269–270). [...]
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