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Kirche in der Welt
Im Jahr 1855 machen sich die Vinzentinerinnen auf den Weg an die Krimfront

Gefährliche Mission der Nächstenliebe

Gefährliche Mission der Nächstenliebe
Der Maler und Soldat Gerolamo Induno erhielt vom König den Auftrag zu einem epischen Gemälde mit dem Titel »Schlacht an der Tschernaja«. Es wurde 1859 in Mailand zum ersten Mal ausgestellt. Links sind zwei an ihren weißen Hauben gut zu erkennende Vinzentinerinnen zu sehen, die sich um einen Verletzten kümmern.
Von Francesco Grignetti

Die schrecklichen Bilder vom Krieg in der Ukraine lassen uns an einen anderen blutigen Krieg auf der Krim zurückdenken. Man schrieb das Jahr 1855. Das kleine Königreich Sardinien-Piemont war kurz zuvor im ersten italienischen Unabhängigkeitskrieg von Österreich besiegt worden, beschloss aber dennoch, in der großen Außenpolitik mitzumischen. König Viktor Emanuel II. von Savoyen schickte auf Anraten seines zuverlässigsten Ministers, des Grafen Cavour, an der Seite der Engländer und Franzosen ein Expeditionskorps an das Schwarze Meer, um dem schwächelnden Osmanischen Reich gegen den russischen Expansionismus zu Hilfe zu kommen.

Zur Glorifizierung dieses Unternehmens wünschte der König eine angemessene Propaganda. So kam es, dass der Maler und Soldat Gerolamo Induno den Auftrag zu einem epischen Gemälde mit dem Titel »Schlacht an der Tschernaja« erhielt. Indunos gewaltiges Gemälde wurde 1859 im gerade zurückeroberten Mailand ausgestellt, und in ehrfürchtigem Schweigen zog eine für die Ideale des Risorgimento entflammte riesige Menschenmenge daran vorbei. Das Werk war Kunst, vor allem aber ein politisches Manifest. Wenn man das Gemälde genauer betrachtet, fallen inmitten von Soldaten, Pferden, Kanonen und Staub die Trachten zweier Ordensfrauen auf, die sich um einen verwundeten Soldaten kümmern. Sie tragen einen grauen Habit und eine große weiße Haube, die damals charakteristisch war für die Vinzentinerinnen (Töchter der christlichen Liebe). Ganz klar stehen die beiden Ordensfrauen ebenso im Mittelpunkt der Szene wie die Soldaten. Eine keineswegs zufällige Hommage: Sie stehen symbolisch für die einmütige Anstrengung eines Landes, das nach nationaler Einheit und Modernität strebte, die Katholiken inbegriffen.

Harte Prüfung für mutige Schwestern

Für die sardisch-piemontesische Armee, die sich ebenbürtig mit den französischen und englischen Heeren wie auch mit dem russischen Feind maß, war der Krimkrieg des Jahres 1855 eine harte Prüfung. Aber dasselbe galt für die Vinzentinerinnen. Auf Anweisung ihres geistlichen Vaters, des seligen Marco Antonio Durando, hatte nämlich eine Gruppe mutiger Vinzentinerinnen San Salverio am Stadtrand von Turin, der Hauptstadt des Königreiches, verlassen, um sich dem Sanitätsdienst zu widmen. In der offiziellen Geschichte der Kongregation ist zu lesen: »Die Regierung bat die Töchter der christlichen Nächstenliebe, sich des aus 15.000 Soldaten bestehenden Expeditionskorps anzunehmen, das auf die Krim geschickt wurde, um gegen Russland zu kämpfen. Sr. Cordero, Schatzmeisterin der Ordensprovinz, meldete sich für diese gefährliche Mission und reiste mit 70 Schwestern an die Ufer des Bosporus, um die verwundeten Soldaten, vor allem aber die an Cholera Erkrankten zu pflegen. Viele der Schwestern haben dort ihr Leben gelassen.«

Es war keine einfache Entscheidung. In einem vom Verband der Pflegeberufe herausgegebenen Buch über Florence Nightingale und Italien wird von der Sitzung des Provinzrats vom 22. Februar 1855 berichtet, in der die Aussendung einiger Ordensfrauen beschlossen wurde. Der Generalobere, P. Étienne, der der Sitzung beiwohnte, habe die Bedeutung dieser Mission ebenso betont wie die Notwendigkeit, die fraglichen Schwestern mit Bedacht auszuwählen, da sie eine heikle Aufgabe zu erfüllen hätten. Die Schwestern sollten der ihnen zugewiesenen Aufgabe auch gewachsen sein. P. Étienne betonte, wie wichtig es sei, dass in den Krankenwagen jeweils eine Schwester präsent sei und dass ein Mitglied des Provinzrats an der Expedition teilnehme.

Es war eine schwierige Mission im Ausland und mitten in einem Krieg. Aber der Beistand für die Armen und Kranken entsprach der Berufung dieser berühmten Schwestern, deren Geschichte ihre Wurzeln im 17. Jahrhundert in Paris hat. Die Vinzentinerinnen waren die ersten, die die Klausurmauern verließen und in die Welt hinausgingen. Wie wiederum die offizielle Geschichte der Kongregation berichtet, »gründeten Louise de Marillac und Vinzenz von Paul die innovative Gemeinschaft – keine ›Ordensgemeinschaft‹ – der Töchter der christlichen Nächstenliebe. Der heilige Vinzenz wollte nicht, dass sie in Klausur lebten. Er wollte für sie weder Gelübde noch Tracht, weder Gitter noch Besuchszimmer. Sie sollten ein einfaches Leben führen.« [...]
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