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Kirche in der Welt
Gespräch mit dem Präsidenten des Päpstlichen Rats der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs, Antonio Maria Kardinal Vegliò über die Lage der syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen

Eine verlorene Generation

Eine verlorene Generation
Die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien hat sich in den vergangenen sechs Monaten verdoppelt. Die Hälfte davon sind Kinder. Diese Tatsache dokumentiert die Dimension der humanitären Tragödie.
Von Nicola Gori

Die Hälfte der bis jetzt zwei Millionen Flüchtlinge aus Syrien sind Kinder. Diese Tatsache ist besser als jede andere dazu geeignet, die Dimensionen der humanitären Tragödie dieses Landes im Nahen Osten zu dokumentieren. »Es besteht das Risiko, dass eine ganze Generation von Kindern eine verlorene Generation sein wird«, so Kardinal Antonio Maria Vegliò, Präsident des Päpstlichen Rats der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs, in diesem Interview, das er unserer Zeitung gewährt hat. Er bestätigt, dass sein vatikanisches Dikasterium jeden Tag die Entwicklung der Situation verfolgt und in engem Kontakt mit den karitativen Organismen und den Kirchen vor Ort zusammenarbeitet.

Papst Franziskus hat am letzten Sonntag beim Angelus in einem Appell dazu aufgerufen, keine Mühe zu scheuen, um den Beistand für die syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen zu gewährleisten. Wie sieht die derzeitige Lage aus, und was sind die neuesten Daten über die Menschen, die vor den Kriegshandlungen fliehen und in die Nachbarländer strömen?

Die humanitäre Lage in Syrien präsentiert sich als ausgesprochen katastrophal und es vergeht kein Tag, ohne dass sie sich noch weiter verschlechtert, mit weitreichenden humanitären Folgen. Der massive Flüchtlingsstrom schafft Unruhen in den umliegenden Ländern, die dem gewaltigen Strom ankommender Flüchtlinge nicht gewachsen sind. Tatsächlich hat sich in den vergangenen sechs Monaten die Zahl der Flüchtlinge verdoppelt und ist von einer Million Menschen auf zwei Millionen angeschwollen. Die Türkei hat 460.000 Menschen aufgenommen, der Libanon 720.000, der Irak 170.000, Jordanien 520.000 und Ägypten 110.000. In der zweiten Augusthälfte haben mehr als 50.000 Menschen die Nordgrenze des Irak überschritten. Der Krieg verschont nicht einmal die Kinder, und die Zahl derer, die dazu gezwungen waren, Syrien zu verlassen, hat mittlerweile die Millionengrenze überschritten. Wir müssen den Ländern, die unmittelbar an Syrien grenzen, dankbar sein und sie dafür bewundern, dass sie trotz der enormen Zunahme des Flüchtlingsstroms die Grenzen für diejenigen offen gelassen haben, die aus diesem geschundenen Land fliehen. Das Flüchtlingslager, das in Zaatari in der jordanischen Wüste eingerichtet worden ist, ist mittlerweile die viertgrößte Stadt des Landes geworden, während die syrischen Flüchtlinge im Libanon nunmehr 25 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Trotzdem darf man die Bevölkerung nicht vergessen, die in Syrien geblieben ist.

In der Tat. Ein Drittel der Bevölkerung braucht humanitäre Hilfe, sieben Millionen Menschen. Über 110.000 Bürger haben ihr Leben verloren. Fünf Millionen Menschen haben sich dazu gezwungen gesehen, ihr Zuhause zu verlassen und sind als Vertriebene im Land geblieben. Sie gehen in Gegenden, die Kriegsschauplätze geworden sind und versuchen in dieser Angst und Unsicherheit zu überleben, während rings um sie die Infrastrukturen zerstört werden. All das hat schwerwiegende Folgen für das Gesundheits- und Erziehungswesen, während die Kette der Lebensmittelversorgung vom Produzenten zum Konsumenten großenteils unterbrochen ist. Die vertriebenen Familien leben, wo immer es möglich ist, in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden, in nur halb fertig gestellten Gebäuden, in angemieteten Unterkünften oder bei Verwandten und Freunden. Man muss zugeben, dass es sich hier um die tragischste Lage der letzten Jahre handelt. [...]
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