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Kirche in der Welt
Im Gespräch mit Kardinal Vegliò über das Thema des Welttags der Migranten und Flüchtlinge

Jenseits von Ängsten und Egoismus

Jenseits von Ängsten und Egoismus
Ein von "Save the Children" provisorisch eingerichteter Kindergarten bringt den kleinen Flüchtlingen aus Syrien ein wenig Abwechslung. Die Hilfsorganisation berichtet, dass insgesamt mehr als zwei Millionen Kinder aus Syrien nicht mehr ausreichend zu essen bekommen. Sie sind bedroht, in Kürze zu verhungern.
Von Nicola Gori

Bei der Hilfe für die Migranten und bei ihrer Aufnahme stehen die christlichen Gemeinschaften in vorderster Reihe. Abseits vom Medienrummel antworten sie mit konkreter Solidarität auf die Herausforderungen, die die Ankunft der Flüchtlinge dem persönlichen und kollektiven Gewissen stellt. Aus diesem Grund ist die Stimme der Kirche »ein prophetisches Wort«, das seine Kraft aus dem Zeugnis schöpft. »Migranten und Flüchtlinge sind eine Herausforderung – Antwort gibt das Evangelium der Barmherzigkeit« lautet das Thema des Welttags der Migranten und Flüchtlinge 2016 und Kardinal Antonio Maria Vegliò weist darauf hin, dass man gegenüber der Frage der Immigranten »nicht schweigen und gleichgültig bleiben darf«, auch wenn »es nicht leicht ist, allen eine zufriedenstellende Antwort zu geben«. Von entscheidender Bedeutung bleibt nach Meinung des Präsidenten des Päpstlichen Rats der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs die Arbeit in Bezug auf Information und Bildung der öffentlichen Meinung, vor allem um eine angemessene Reflexion über den Ursprung von Angst und Misstrauen gegenüber dem »Fremden« zu fördern, die sich unter den Menschen verbreiten.

Warum wurde dieses Thema für den Welttag der Migranten und Flüchtlinge 2016 gewählt?

Kardinal Vegliò:
Einmal fügt sich dieses Thema natürlich in den Kontext des Jubiläumsjahrs der Barmherzigkeit ein, das in den kommenden Monaten der Bezugspunkt für die Kirche sein wird. Im Kontext einer globalen Situation, in der die Migration große Ausmaße annimmt, und angesichts sehr vieler schmerzlicher Tragödien nicht nur im Mittelmeer, sondern in der ganzen Welt, muss anerkannt werden, dass dieses Phänomen in all seinen Formen uns zu einer Antwort herausfordert. Sicherlich ist es nicht leicht, eine alle zufriedenstellende Antwort zu geben. Andererseits darf man angesichts dieser Realität nicht schweigen und gleichgültig bleiben. So wird der Welttag für die ganze Kirche ein konkreter Anlass, nachzudenken, zu beten und zu handeln.

Welche Gedanken liegen im Kontext des Jubiläumsjahres nahe?

Kardinal Vegliò: Die Kirche muss in allen Bereichen ihres Handels Zeugnis geben. Sie muss tun, was sie kann. Natürlich kann sie nicht alles tun, aber sicherlich kann sie die Gewissen formen und sie drängen, gegenüber diesen Phänomenen niemals gleichgültig zu bleiben. In diesem Sinne ist sie gerufen, das Recht jedes Menschen auf ein Leben in Würde zu verteidigen, und ihr obliegt zugleich die Verantwortung sicherzustellen, dass die öffentliche Meinung in angemessener Weise über die Ursachen der Migration sowie über die Konsequenzen und Gefahren informiert wird, die der Migrantenstrom mit sich bringen kann. Der Welttag der Migranten und Flüchtlinge im Jahr der Barmherzigkeit ist demnach ein willkommener Anlass, ein vollständiges Bild dieser Wirklichkeit der Migranten in ihrer ganzen Komplexität zu zeichnen. Und er ist auch eine Gelegenheit, im Kontext der Migration die Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zu vertiefen, den zwei Dimensionen einer einzigen Wirklichkeit, wie das der Papst in Misericordiae vultus dargelegt hat. Die Kirche hilft uns auch, nicht zu vergessen, dass Jesus unter den Geringsten, den Leidenden und Schwachen gegenwärtig ist, unter denen, die bedürftiger sind als andere. Die Kirche ist als Jüngerin Jesu aufgerufen, die Gefangenen der verschiedenen Formen von Versklavung in der modernen Gesellschaft zu befreien, ihnen Befreiung zu verkünden.

Wie sollen die Ortskirchen dabei einbezogen werden?

Kardinal Vegliò: Die Feier des Jubiläumsjahres des Barmherzigkeit ist nicht auf Rom beschränkt. Wie in der Bulle Misericordiae vultus zu lesen ist, wollte der Heilige Vater, dass jede Teilkirche »direkt in dieses Heilige Jahr einbezogen« ist. Migration ist ein Phänomen, das vor allem unsere Teilkirchen betrifft, denn sie sind das Umfeld, das den Migranten und Flüchtlingen am nächsten ist. Dort begegnen wir diesen Menschen von Angesicht zu Angesicht. Und auf dieser Ebene kann Integration konkret verwirklicht werden. Aus diesem Grund hat der Päpstliche Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs einige Handreichungen für die Organisation des Tages auf Ortsebene geben wollen. [...]
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