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Kirche in der Welt
Interview mit Maria Voce, Präsidentin der Fokolar-Bewegung

Eine Frau an der Spitze

Eine Frau an der Spitze
Seit dem 7. Juli 2008 ist Maria Voce Präsidentin der Fokolar-Bewegung, deren offizielle Bezeichnung »Werk Mariens« lautet. Gegründet wurde sie 1943 von Chiara Lubich mit dem Ziel, die von Jesus gewollte Einheit unter den Menschen zu verwirklichen. Erstmals offiziell anerkannt wurde die Bewegung 1962 von Papst Johannes XXIII., die Statuten wurden 1990 von Papst Johannes Paul II. approbiert. Das »Werk Mariens« erhielt das seltene päpstliche Privileg, immer von einer Frau geleitet zu werden. Die auf allen Kontinenten vertretene Bewegung zählt heute über zwei Millionen Mitglieder.
Die italienische Tagesausgabe »L’Osservatore Romano« kam am 31. Mai zum ersten Mal mit einer Beilage heraus, die den Frauen gewidmet ist. Unter dem Motto »Frauen, Kirche, Welt« soll sie von jetzt an jeden letzten Donnerstag des Monats erscheinen. Auf der Titelseite werden dabei jeweils Frauen vorgestellt, die eine wichtige Rolle in der Kirche spielen. Das folgende, von Lucetta Scaraffia geführte Interview mit Maria Voce machte dabei den Anfang.

Es war uns wichtig, daß die neue vom Osservatore Romano den Frauen gewidmete Beilage mit einem mit Ihnen geführten Interview erscheint: Sie sind die einzige Frau an der Spitze einer so bedeutenden Bewegung. Belastet Sie diese Besonderheit im Kontakt mit den kirchlichen Hierarchien?

Das belastet mich nicht nur nicht, sondern das ist eine Charakteristik, die vom Papst, von den Kardinälen und Bischöfen in zunehmendem Maße anerkannt wird, im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des Wortes, wie es Johannes Paul II. formulierte: Zeichen und Garantie für jenes marianische Profil zu sein, das der göttlichen Liebe, der Heiligkeit den ersten Platz einräumt, in friedlicher Koexistenz mit dem apostolischen und petrinischen Profil. Das sind, wie Wojtyla es formuliert hat, Dimensionen, die untereinander darum wetteifern, »uns das Mysterium Christi und sein Heilswirken in der Welt ins Bewußtsein zu rufen«. In den ersten zwanzig Jahren unserer Geschichte war das noch anders: es war eine solche Neuerung! Dahinter scheint ein langer Weg auf, der nicht immer von Leiden frei war.

Auch die Art, wie Sie in Chiara Lubichs Fußstapfen getreten sind, war anders als üblich: keinerlei Designation, sondern eine demokratische Wahl. Die Bewegung scheint dieser Methode auch in ihrer Entscheidungsfindung zu folgen. Geschah das auch schon, als Chiara noch lebte?

Die Nachfolge erfolgte durch Wahl, aber man kann nicht sagen, daß dabei ein demokratischer Dienstweg eingehalten worden wäre. Wenn das so gewesen wäre, dann hätten wir einen Kompromiß akzeptieren müssen, um eine Polarisierung zu erreichen, was aber in klarem Gegensatz zu unserem Charisma gestanden hätte, das nach Einheit verlangt. Von diesem Augenblick an haben wir den Sinn von Chiaras Erbe besser verstanden: Jesus, der immer dann kommt, wenn »zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind«. In jener entscheidungsträchtigen Stunde haben wir die Kraft erfahren, die Veränderungen wirkt, und das Licht gesehen, das unser Leitstern ist. Von uns wird jene gegenseitige Liebe gefordert, die nicht urteilt, sondern vielmehr danach strebt, ebenso groß zu werden wie die Liebe Jesu: groß genug, das Leben zu geben. Wir kennen bis zum heutigen Tag keine andere Art, Entscheidungen herbeizuführen: es heißt zuhören können, Lasten, Siege, Erfahrungen, Standpunkte miteinander zu teilen, bereit zu sein, ganz im anderen aufzugehen. Das heißt vor allem Treue zum Bund mit dem gekreuzigten Jesus, um Schmerzen, Zweifel und Spaltungen zu verwandeln und wieder Einheit herzustellen. Wenn Christus unter uns wohnt, erstrahlen alle Gaben des Geistes: Frieden, neue Kraft, Licht; die Gleichheit leuchtet auf, ohne deswegen die »Gabe der Autorität« nutzlos zu machen. [...]
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