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Kirche in der Welt

Die erste Christin in Europa und Leiterin der ersten Hauskirche in Philippi

Die erste Christin in Europa und Leiterin der ersten Hauskirche in Philippi
Ikone der heiligen Lydia, die von orthodoxen Gläubigen sehr verehrt wird.
Von Maria Pascuzzi

Um das Jahr 49 stach Paulus vom kleinasiatischen Troas aus in See und fuhr über die Ägäis bis zum Hafen von Neapolis in Griechenland [dem heutigen Kavala], von wo er ins Landesinnere weiterreiste. So begann er, das Evangelium Jesu Christi auf europäischem Boden zu verkünden. Er evangelisierte die gesamte römische Provinz Mazedonien, wobei er in Philippi anfing, um dann in süd-östliche Richtung bis nach Korinth weiterzureisen, Hauptstadt der römischen Provinz Achaia. Lukas, der Verfasser der Apostelgeschichte, berichtet, dass in den Städten Mazedoniens besonders Frauen aus vornehmen Kreisen für die Predigten des heiligen Paulus (vgl. Apg 17,4.12) empfänglich waren. Eine dieser Mazedonierinnen war Lydia, die erste Frau, die er in Europa bekehrte und die mit ihm zusammenarbeitete.

Hohes Maß an Autorität

Bis vor kurzem nahm man an, dass sich die Frauen in der Frühzeit des Christentums von diesem angesprochen fühlten, weil es ihnen einen willkommenen Ausweg aus den frauenfeindlichen und repressiven Gesellschaftsformen bot, in denen sie lebten. Was ihnen die Gelegenheit gab, Rollen zu spielen, die ihnen bisher verwehrt gewesen waren. Diese Auffassung steht jedoch im Widerspruch zu einer weitgefächerten Reihe literarischer Zeugnisse, Inschriften und Funde, die zeigen, dass die Frauen des 1. Jahrhunderts – seien diese nun griechisch-römischer oder jüdischer Herkunft, verheiratet oder Witwen – sowohl innerhalb als auch außerhalb ihrer Familie über ein hohes Maß an Autonomie und Autorität verfügen konnten. Einige besaßen und führten Gewerbebetriebe, hatten Einfluss im öffentlichen Leben, spielten in der Stadt die Rolle von Mäzeninnen und Wohltäterinnen und übten leitende Funktionen aus, auch in kultischem Bereich. Vor allem aber wird eine derartige Beschreibung Frauen wie Lydia nicht gerecht. Sie war eine reiche Händlerin, zugleich aber vom geistlichen Gesichtspunkt aus auch eine Suchende, die nicht vor etwas floh, sondern dem frühen Christentum viel zu geben hatte, nachdem ihr Glaube an Christus dank der Predigten des Paulus geweckt worden war.

Lydia wird in der Apostelgeschichte ein einziges Mal erwähnt (vgl. 16,11-15.40), wo Lukas berichtet, dass sie aus Thyatira stammte, einer Stadt im westlichen Teil der römischen Provinz Asien, im Westen der heutigen Türkei. Sie lag an einem Kreuzungspunkt der wichtigsten Handelsstraßen und war eine blühende Stadt des Marktes und des Handwerks. Die Stadt war berühmt für ihre Zünfte. Viele widmeten sich der Herstellung und Färbung von Stoffen, vor allem für Purpurstoffe war die Stadt im Altertum berühmt. Dieser aus Purpurschnecken oder aus Pflanzen gewonnene, in unterschiedlichen Tönen und Qualitäten hergestellte Farbstoff war ein überaus kostbares Gut. Purpurfarbene Produkte und Kleidungsstücke erster Qualität waren Luxusgüter, die sich nur die Elite der kaiserlichen Gesellschaft leisten konnte. Lukas berichtet, dass Lydia eine porphyròpolis, also eine Purpurhändlerin, gewesen sei. Ihr ausgeprägter Geschäftssinn könnte Lydias Übersiedlung nach Philippi erklären, eine reiche römische Kolonie, die geographisch sowohl für den Handel auf dem See- als auch auf dem Landweg günstig gelegen war. Lukas beschreibt sie bei ihrer Begegnung mit Paulus als eine Frau, die sich bereits in Philippi etabliert hatte. Sie besaß nicht nur ein eigenes Haus, sondern dieses Haus war groß genug, dass sie dort eine Gemeinschaft von Christen beherbergen konnte, die Schätzungen zufolge circa 35 Personen umfasste. Außerdem hatte sie genügend Bedienstete, um sich sowohl um ihr Anwesen als auch um ihre Geschäfte kümmern zu können. Überdies kann mit Fug und Recht angenommen werden, dass sie in wohlsituierten Kreisen verkehrte. Da sie mit Purpur handelte, ist es wahrscheinlich, dass ihre Kundschaft der Oberschicht Philippis angehörte und möglicherweise auch römische Beamte und Mitglieder ihres Gefolges umfasste. [...]
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