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Kirche in der Welt
Auf den Spuren der Christenverfolgung im Japan des 19. Jahrhunderts

Rote Kinderschuhe

Rote Kinderschuhe
Die Yokohama Specie Bank (heute »Kanagawa Prefectural Museum für Kulturgeschichte)
Von Cristian Martini Grimaldi aus Tokio

»Am Hafen von Yokohama stach sie mit einem Fremden in See, und stets wenn ich rote Kinderschuhe sehe, dann denke ich an sie, und wenn ihr Japan fehlt, dann schaut sie zum blauen Himmel empor und fleht den Fremden an, sie bald wieder heimzubringen.«

Man zählte das Jahr 1868, als der Aufstand gegen das Shogunat in Japan zur Wiederherstellung des Kaisertums führte. Die Befürworter dieser Wende waren zugleich fanatische Nationalisten, die beabsichtigten, den Shintoismus zur Staatsreligion zu erheben. Daher verstanden sie jede fremde Religion immer mehr als Bedrohung der vaterländischen Gesinnung. Erst im Jahr 1873 setzte Japan unter dem fortdauernden Druck des Westens offiziell der Christenverfolgung ein Ende, die nicht mehr toleriert werden konnte in einem Land, das integraler Bestandteil der Handelsbeziehungen mit dem Rest der Welt und der internationalen Diplomatie zu werden begann.

Mit dem Ziel, im Gebiet von Yokohama der stetig wachsenden kommerziellen Dominanz der ausländischen Mächte entgegenzuwirken, gründeten die japanischen Behörden die auf den Außenhandel spezialisierte »Yokohama Specie Bank (YSB)«. Mit ihrer schönen grünen Kuppel und den korinthischen Säulen wurde sie zum Symbol der gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Japan herrschenden Schwärmerei für alle im europäischen Stil gestalteten Kunstwerke – wer das Edo-Tokyo-Museum besucht, kann dort die wunderschönen Rekonstruktionen der Stadtviertel Tokyos vom Ende des 19. Jahrhunderts bewundern. Die »Yokohama Specie Bank« gehört zu den wenigen Gebäuden, die das große Kanto-Erdbeben des Jahres 1923 überstanden. So löste sie das erste architektonischen Wahrzeichen des modernen Tokyo ab, den legendären Ryounkaku-Turm, der beim Erdbeben einstürzte.

Heute ist der Bau ein historisches Museum. Hier werden unter anderem die allerersten japanischen Darstellungen des »berüchtigten« Commodore Matthew Perry aufbewahrt, die alles andere als schmeichelhaft für den Amerikaner ausfallen: Seine Nase, die fast so lang ist wie die des Tengu, des legendären Höllenwesens der japanischen Mythologie, und sein finsterer Blick lassen ihn wie eine Art von fürchterlicher männlicher Hexe erscheinen.

Im Inneren des Museums gibt es eine Rekonstruktion des alten Ausländerviertels, das sich mit seinen Botschaften unter ziegelgedeckten Dächern und nach Schachbrettmuster angelegten Straßen kaum vom Pekinger Stadtviertel für ausländische Legationen jener Zeit unterscheidet. Während wir den Saal besuchen, hören wir zufällig die Unterhaltung zweier älterer Damen, die gegenüber vor einer riesigen Bronze-Kanone der Zeit Platz genommen haben. Eine der beiden spricht das Wort »Christen« aus. Auf unsere Frage sagt sie uns, dass sie Yumiko heiße und 81 Jahre alt sei. Sie berichtet von ihrer Gymnasialzeit, als sie mit einem jungen Katholiken verlobt war, den sie heiraten wollte. Es kam dann nicht zu der Hochzeit, »weil ich diese Religion nicht verstand«. Sie wuchs in einer traditionellen, japanischen Familie auf, als Buddhistin, die auch den Shinto-Kult pflegte, in dem es zahlreiche Gottheiten gibt: folglich war die Vorstellung eines einzigen Gottes nur schwer anzunehmen. [...]
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