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Wenn es Nacht wird in Gaza

Wenn es Nacht wird in Gaza
Ein zerstörter Wohnblock am Rand von Gaza-City.
Von Matthias Kopp

Ostereier gibt es an diesem Osterfest in der kleinen katholischen Pfarrgemeinde von Gaza nur eingeschränkt. Es ist einer von hunderten Engpässen in der Versorgung der rund 1,8 Millionen Menschen auf dem 385 Quadratkilometer umfassenden Gebiet des Gazastreifens, die noch immer an den Folgen des vergangenen Krieges leiden. Wenn der Osterjubel ausbricht und sich in Jerusalem zur heiligen Stunde die Pilger drängeln, wird in Gaza mit leisen Tönen gefeiert. Aber immerhin: Es wird gefeiert. Dafür sorgt Pfarrer Jorge Hernandez: Der umtriebige Priester hat mit einem Mitbruder und sechs Ordensfrauen einen Modus gefunden, zu überleben, weiterzuleben und vor allem Hoffnung für andere zum Leben zu schenken: »Aus dem Glauben heraus schaffe ich das«, sagt er und lächelt. »Wir durchleben viele Prüfungen und manche Gefahren. Aber der liebe Gott hilft uns und mit ihm tausende von Gläubigen rund um den Globus, die uns nicht vergessen.«

Jetzt im Frühling blüht alles in Gaza, die Mimosen in Meeresnähe, kleine Krokusse inmitten von Flüchtlingslagern, der erste Klatschmohn am Rande zerstörter Wohngebäude. Vor wenigen Wochen war es hier noch bitterkalt. Und vor allem nass: Regenmassen haben den halben Gazastreifen aufgeweicht, zerbombte Straßen sind zu Schlammwegen geworden und im sonst so sonnenverwöhnten östlichen Mittelmeerraum gab es sogar Schneefall zu Jahresbeginn. Es könnte so schön sein, in der fruchtbaren Ebene südlich des israelischen Aschkelon. Hier kommen wichtige Flüsse aus dem südjudäischen Bergland zusammen, die ins Mittelmeer fließen. Der nördliche Teil des Gazastreifens wäre – wenn es die Zerstörung nicht gegeben hätte – eine Kornkammer für die Bevölkerung, anders als der südliche Teil, wo es staubig, sandig und dann auch bald Steppe wird.

Christliche Präsenz

Wie kaum an einem anderen Ort wird im Gazastreifen das ganze Elend des Nahostkonflikts deutlich. Hier leben Menschen ohne Hoffnung, von der innerpalästinensischen Politik instrumentalisiert, von Kriegen traumatisiert. Die wenigsten Einwohner sind Christen: Offizielle Statistiken sprechen von rund 3.000 christlichen Bürgern, aufgrund von Flucht und den dramatischen Lebensumständen dürften es jedoch nicht mehr als 1.200 sein, die zum größten Teil orthodox sind; rund 200 Katholiken werden gezählt. Gerade für die Christen wird das Leben von Tag zu Tag angespannter. Es sind nicht nur die militärischen Konflikte der zurückliegenden Jahre, sondern auch die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen, seitdem 2006 die Hamas in einer demokratischen Wahl die Macht in Gaza übernommen hat. Die islamistische Regierung macht den Christen das Leben schwerer, wenngleich auch nicht unmöglich. Denn die Hamas weiß: Auf christliches Engagement, gerade beim Wiederaufbau nach dem Krieg im Sommer 2014, kann die Regierung nicht verzichten. Das karitative Engagement der wenigen Christen und der internationalen christlichen Solidarität sind bei der muslimischen Bevölkerung hoch anerkannt. Und doch wird es in Gaza nicht leichter, christliche Symbole auf der Straße zu tragen oder die neuen Erziehungsgesetze zu umgehen, die das gemeinsame Unterrichten von Mädchen und Jungen untersagen. Immerhin gibt es einige christliche Schulen, die dieser Weisung – bisher erfolgreich – mit höflicher Ignoranz widerstehen. [...]
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