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Zwei Bürgermilizen im Kirchenstaat: die »Milizia Urbana« und die »Guardia Civica«

Angetreten zum Schutz des Papstes und der Ewigen Stadt

Angetreten zum Schutz des Papstes und der Ewigen Stadt
Die Truppen des Kirchenstaates (vorne) empfangen auf dem Petersplatz den Segen »Urbi et Orbi« des Papstes, historische Fotografie aus dem Jahr 1870.
Von Ulrich Nersinger

In Rom, zu Zeiten des alten Kirchenstaates, fanden sich Katholiken aus allen sozialen Schichten ein, um den Papst und die Ewige Stadt vor inneren und äußeren Bedrohungen zu schützen. Zwei bewaffnete Korps, die sich dieser Aufgabe verpflichtet fühlten, wurden vornehmlich vom Bürgertum gestellt: die Milizia Urbana und die Guardia Civica.

Die Milizia Urbana


Die Geschichte der Milizia Urbana geht bis in das Pontifikat Gregors XIII. (1572-1585) zurück. Der Papst hatte mit der Bulle Urbem Romam vom 23. Juni 1580 die Verwaltung der Ewigen Stadt neu geordnet und somit auch eine kommunale Miliz begründet. Wer in die Miliz eintreten wollte, musste Römer aus einem bürgerlichen Umfeld sein und ein Mindestalter von fünfzehn Jahren aufweisen. Das Korps besaß eine Stärke von 300 Mann, verteilt auf die dreizehn Stadtviertel; jeweils 20 Milizionäre waren einem »Rione« zugeteilt, die großen Viertel Monti, Colonna, Ponte und Trastevere durften über 30 Mann verfügen.

Die Mitglieder der Miliz wurden comites stabiles, constabili und contestabili genannt, die Offiziere in späterer Zeit Capotauri oder Capotori. Allgemein wird vermutet, dass die letzteren Bezeichnungen auf das caput aureus, den vergoldeten Helm, zurückzuführen ist, der Teil der Gala-Uniform war. Doch die militärische Gewandung der Miliz kam erst spät auf, ursprünglich trug man den abito di città (Straßengewand) mit Degen und Mantel. Für das Korps waren unterschiedliche Bezeichnungen in Gebrauch: Milizia Urbana, Milizia Capitolina, Milizia Urbana del Popolo di Roma, Guardie del Popolo Romano und Guardie del Senato. Schließlich verwendete man für die ganze Miliz oft die Titulierung »Capotori«.

Der Milizia Urbana wurde im Jahre 1790 eine neue Organisation gegeben; Modell stand hierbei die päpstliche Linieninfanterie. Die Miliz verblieb nach der Okkupation der Päpstlichen Staaten durch Frankreich weiterhin im Dienst, jedoch einverleibt in die Truppen der Invasoren. Als Papst Pius VII. (1800-1823) am 3. Juli 1800 nach Rom zurückkehrte, stand das Korps bereit, die Kutsche des Pontifex zu eskortieren; beim Apostolischen Palast des Quirinals war es mit seinem Oberst zum Schutz des Papstes angetreten. Da die Schweizergarde und das Korps der adeligen Cavalleggeri aufgelöst waren, übertrug ein Billet vom 9. August 1800, unterzeichnet vom Majordomus Seiner Heiligkeit, der Miliz den Dienst in der jeweiligen Anticamera (päpstliche Vorzimmer) der Apostolischen Paläste in Rom.

Während der neuerlichen Besetzung und Annexion der Päpstlichen Staaten und der Gefangennahme des Papstes durch Frankreich (1809-1814) war die Milizia Urbana aufgehoben. Nach der Rückkehr des Papstes in die Ewige Stadt wurde sie mit einem Dekret vom 19. April 1814 als eine der päpstlichen Palastgarden bestimmt. In der Anticamera Pontificia erhielt sie an Audienztagen ihren Platz im ersten Vorzimmer, ihr höherer Offizier seinen im dritten Vorzimmer, der Sala dei Bussolanti, zugewiesen. Für diesen Dienst erhielt das Korps monatlich 50 Scudi als Entlohnung. Im Jahre 1839 versah Papst Gregor XVI. (1831-1846) die Miliz auf Kosten des Staates mit neuen Uniformen und stattete sie mit einer modernen Bewaffnung aus.

Die Guardia Civica

Die revolutionären Entwicklungen in Frankreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts zwangen die Päpstlichen Staaten, neue Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu erwägen. Durch die Errichtung einer neuen Bürgergarde wurden verstärkt Römer in das neue Sicherheitskonzept eingebunden. Diese Guardia Civica sollte das Interesse der Bevölkerung Roms auf ein gesichertes und geordnetes Leben in der Stadt lenken. So bot die Zusammensetzung des Korps einen Spiegel der sozialen Schichtung der Ewigen Stadt: Die höheren Ränge der Offiziere waren von Angehörigen des römischen Adels besetzt, die übrigen Offiziersstellen nahm der bürgerliche Mittelstand (»commercianti e imprenditori – Geschäftsleute und Gewerbetreibende«) ein, als Unteroffiziere und Truppe fungierten Mitglieder des einfachen, aber finanziell und gesellschaftlich abgesicherten Volkes (»elementi popolari più e levati«).

Die Bürgergarde war dem Senator von Rom unterstellt. Das Korps bestand aus fünf Bataillonen, die sich ihrerseits aus fünf bis sieben Kompanien zusammensetzten. Jedem Bataillon waren zwei bis drei Stadtviertel zugeteilt worden; jedes Stadtviertel verfügte über zwei Kompanien, mit Ausnahme der Viertel Monti, Campomarzio und Trastevere, die aufgrund ihrer territorialen Größe oder Bevölkerungsdichte jeweils drei Kompanien besaßen. Insgesamt gab es damit in Rom 31 Kompanien, deren Angehörige in der gleichen Anzahl von Quartieren untergebracht waren. Die Guardia Civica nahm am 17. November 1796 ihren Dienst auf. Die Gardisten wachten über die Stadt auf festgelegten Patrouillengängen, die bei Tag und Nacht erfolgten. Der Dienst in der Guardia Civica geschah auf freiwilliger Basis. Er sollte so abgeleistet werden können, dass die normale Tätigkeit des Alltags darunter nicht allzusehr litt: so trat der normale Gardist ebenso wie der Offizier alle fünf Tage seinen Dienst für einen Tag an. [...]
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