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Kultur
Heinrich Denifle – Dominikaner zwischen Graz, Rom und Paris

Ein Gelehrter von Weltruf

Ein Gelehrter von Weltruf
Der Kirchenhistoriker und Dominikaner Heinrich Denifle.
Über den Dominikanergelehrten Heinrich Denifle (1844-1905), der viele Jahre im Grazer Dominikanerkloster wirkte, ist als Ergebnis eines Symposions vor einigen Monaten ein informatives Buch erschienen. Die Historiker Andreas Sohn und Jacques Verger stellen mit Beiträgen namhafter Fachleute (in Deutsch und Französisch) das Leben, innovative Wirken und die Forschungsschwerpunkte dieses international vernetzten und hoch angesehenen Gelehrten dar.

Von Univ.-Prof. Dr. Andreas Sohn, Universität Paris XIII – Sorbonne Paris Cité


»Denifle gestorben! Die historische Wissenschaft hat durch seinen frühen Tod einen geradezu unersetzlichen Verlust erlitten. … Er war nicht bloß ein großer Gelehrter, sondern ein ebenso ausgezeichneter Ordensmann und Priester. … Er war der größte Historiker, den Tirol hervorgebracht.«

So würdigte Ludwig von Pastor (1854-1928), der als Historiker der Päpste, Leiter des Österreichischen Historischen Instituts in Rom und österreichischer Gesandter beim Heiligen Stuhl hervortrat, den europäischen Gelehrten Heinrich Denifle aus dem Dominikanerorden. Am 10. Juni 1905, am Samstag vor Pfingsten, war dieser in München nach dem dritten Schlaganfall verstorben. Er befand sich auf dem Weg von Rom nach Cambridge, wo ihn die dortige Universität mit der Ehrendoktorwürde auszeichnen wollte. Dies konnte nur mehr posthum geschehen. Denifle fand seine letzte Ruhestätte in der Krypta der Kirche der Münchener Benediktinerabtei Sankt Bonifaz, wo noch heute eine Inschrift das Gedenken an ihn evoziert.

Zu Leben und Werk des dominikanischen Historikers und Theologen, der sich im unermüdlichen Dienst von Wissenschaft und Kirche verzehrte, ist erstmals ein gewichtiger Sammelband erschienen. Dieser ging aus einer internationalen, vielbeachteten Tagung im Pariser Institut de France hervor, das fünf Akademien unter seinem Dach vereint, und erschien in der Buchreihe der 1663 gegründeten Académie des Inscriptions et Belles-Lettres. Die Tagung wurde von den Pariser Universitätsprofessoren Dr. Andreas Sohn und Dr. Jacques Verger veranstaltet und organisiert, zu denen bei der Herausgabe der Akten der Secrétaire perpétuel der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, Professor Dr. Michel Zink, trat.

Aus Imst in der Tiroler Berglandschaft, wo Heinrich Denifle am 16. Januar 1844 geboren wurde, führte ihn 1861 seine Berufung in das Grazer Dominikanerkloster. Dort legte er die Profess ab, erhielt die Priesterweihe, wurde Lektor im Konvent und ein weithin bekannter Prediger. Im Jahre 1880 riefen ihn die Ordensoberen aus der Steiermark nach Rom, wo ihn Papst Leo XIII. drei Jahre später zum Unterarchivar des Vatikanischen Geheimarchivs bestellte. Der energiegeladene Dominikaner mit den braunen Haaren und den wachen blauen Augen, der tiefgläubig, persönlich anspruchslos und immens fleißig war, machte sich mit seiner profunden Archivkenntnis rasch einen Namen. Von Rom aus knüpfte er eine Vielzahl an Kontakten zu Gelehrtenkreisen und Forschungseinrichtungen, Archiven und Bibliotheken in vielen Teilen Europas. Als Forscher unternahm er zahlreiche Reisen, stets auf der Suche nach unveröffentlichten Urkunden und Handschriften: von Spanien bis England, von Frankreich bis Polen. Sein OEuvre wuchs kontinuierlich aus diesen Quellenstudien, wurde immer bedeutender, eröffnete internationale und auch interdisziplinäre Perspektiven. Wenn es zu wissenschaftlichen Kontroversen kam, focht der Dominikaner mit scharfer Klinge.

Dieser gehörte zu den ersten Historikern, welche das Interesse der Geschichtswissenschaft an der kurialen Registerüberlieferung im 1880/81 für die Forschung geöffneten Vatikanischen Geheimarchiv weckten und die Bedeutung dieser Zeugnisse für die Vergangenheit Europas herausstellten. Er half den Forschern, die nun nach Rom strömten, unabhängig von Nationalität, Konfession, Religionszugehörigkeit oder persönlichen Überzeugungen, und arbeitete mit den neu gegründeten wissenschaftlichen Instituten in der Ewigen Stadt, wie zum Beispiel dem französischen, preußischen und österreichischen, zusammen. Aus der Begegnung mit dem Jesuiten Franz Ehrle (1845-1934), der im selben Jahr wie Denifle nach Rom kam und 1895 zum Präfekten der Vatikanischen Bibliothek aufstieg, erwuchs eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit. Beide gründeten gemeinsam die Zeitschrift »Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte«. [...]
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