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Kultur
Zur Geschichte der Basilika »Santa Maria Maggiore«

Wo sich das Volkes Gottes versammelt

Wo sich das Volkes Gottes versammelt
Ausschnitt aus dem Triumphbogen-Mosaik: die zwölf Schafe sind ein Bild für das Volk Gottes.
Kirchen werden für Gebet und Gottesdienst errichtet. Aber sie sind auch selbst Frucht des Gebets: das legt die Geschichte von »Santa Maria Maggiore« nahe, deren Gedenktag früher »Maria Schnee« hieß und am 5. August begangen wird.

Tausend Jahre nach den Ereignissen erzählte ein gewisser Fra Bartolomeo da Trento von einem reichen römischen Patrizier, dem Senator Johannes, und seiner Frau, die beschlossen, ihre irdischen Güter der Kirche zu hinterlassen, weil sie keine Kinder hatten. In der Nacht vom 4. auf den 5. August 358 erschien die Jungfrau Maria sowohl Johannes als auch Papst Liberius und bat um die Weihe einer Basilika an dem Ort, an dem in jener Sommernacht Schnee fallen würde. Am folgenden Morgen begaben sich der Senator und der Papst auf den Cispius-Hügel, wo es in der Tat auf wunderbare Weise geschneit hatte. Papst Liberius zeichnete den Grundriß der zu errichtenden Basilika in den Schnee. Das ist das Thema eines Bildes aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, das sich in der Vatikanischen Pinakothek befindet: der Künstler Jacopo Zucchi unterstreicht dabei das innige Gebet des Patriziers Johannes und seiner Frau, die zusammen mit Papst Liberius im Vordergrund dargestellt sind.

Über ihre besondere Geschichte hinaus repräsentiert »Santa Maria Maggiore« wie jede Kirche die gesamte Geschichte der Beziehung zwischen Gott und den Menschen, nämlich als Bild für jenen »Bau des Heils«, den der hl. Irenäus als von Gott entworfen ansah, »wie es ein Baumeister tun würde« (Gegen die Häresien IV,14,2–3). In der Kirche »Santa Maria Maggiore«, die im 5. Jahrhundert durch einen größeren und schöneren Neubau ersetzt wurde, erzählen 43 Mosaikbilder an der Hochwand des Mittelschiffs von »tragenden« Ereignissen des jüdisch-christlichen Glaubens: Szenen aus dem Leben von Abraham, Mose und Josua. So werden die Gläubigen auf dem Weg zum Altar hineingenommen in einen geschichtlichen und metahistorischen Prozeß, der sie zur Stadt führt, »die Gott selbst geplant und gebaut hat« (Hebr 11,10). Am Ende dieses Weges sehen wir in der Tat links und rechts der Apsiswand zwei Städte: sie sind mit »Hierusalem « und »Bethleem« beschriftet, vor ihren geöffneten Toren sind kleine Schafherden versammelt. In beiden Torbögen hängt ein Goldkreuz, und der Zugang zur Stadt ist durch eine Kolonnade ausgezeichnet, die der der Basilika »Santa Maria Maggiore« ähnlich ist.

Diese Mosaiken befinden sich auf dem Bogen, der den Altar der Basilika einrahmt, so daß die zwölf dort dargestellten Schafe zum Bild für das Volk Gottes werden, das aus dem ersten Kern der zwölf Apostel hervorgegangen ist. Es ist tatsächlich so, daß die »Herde«, die sich in »Santa Maria Maggiore« zum Gebet versammelt, wie die Schafe im Mosaik an den zwei Säulenreihen entlang durch die »Tür« des Presbyteriums hindurch auf den »Tempel« blickt: der Tempel ist Christus, der in der Eucharistie gegenwärtig ist. Im Zentrum des Triumphbogens über dem Altar befindet sich eine Weiheinschrift: »Xystus episcopus plebi Dei« (Bischof Sixtus [ließ dies errichten] für das Volk Gottes). Es handelt sich um Papst Sixtus III. (432–440), der die im 4. Jahrhundert von Papst Liberius begonnene Basilika vergrößern ließ und sie der Jungfrau Maria weihte – nach der feierlichen Erklärung des Konzils von Ephesus, das ihr 431 den Titel »Gottesmutter« zugesprochen hatte. Und auf dem Triumphbogen sehen wir in der Tat Szenen aus dem Leben Jesu, in denen Maria eine wichtige Rolle zukommt: die Verkündigung und die Anbetung der Weisen aus dem Morgenland. Die besondere Würde Marias wird unterstrichen durch das kostbare Gewand, mit dem der Künstler sie in der Verkündigung bekleidet: sie ist nicht nur das Mädchen aus Nazaret, das Jesus geboren hat, sondern auch eine Symbolfigur, sie stellt die Kirche dar als »Domina «, als Herrin. [...]
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