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Kultur
Zum 400. Todesjahr des heiligen Franz von Sales

Philothea – Glücklich und schön durch Tugenden…

Philothea – Glücklich und schön durch Tugenden…
Hl. Franz von Sales (1567-1622).
Die Philothea (Anleitung zum frommen Leben) ist ein Klassiker der geistlichen Literatur. Das Werk wurde 1609 zum ersten Mal im Druck veröffentlicht, die erste deutsche Übersetzung erschien 1616 in München, zahllose Übersetzungen und Auflagen kamen hinzu, 2009 wurden etwa 1.300 Ausgaben in verschiedenen Sprachen gezählt, zu denen nun (2022) eine schöne Neuübersetzung aus dem Be+Be-Verlag in Heiligenkreuz hinzukommt.

Von Johanna Weißenberger

Anlass zu zusätzlicher Aufmerksamkeit für den Klassiker ist der 400. Todestag des Autors: Der heilige Franz von Sales erlitt auf der Durchreise in Lyon einen Schlaganfall und starb dort am 28. Dezember 1622 im Alter von 55 Jahren. Die letzten zwanzig Jahre seines Lebens war er Bischof der Diözese Genf mit Sitz in Annecy, und damit auch 1609, als seine »Anleitung zum frommen Leben« herauskam. In seinem für die erste Ausgabe verfassten Vorwort unterstreicht er, dass es »gerade eine Aufgabe der Bischöfe« sei, »den Seelen bei ihrem Streben nach Vollkommenheit zu helfen«, sich also mit einem wirklich väterlichen Herzen einzelner Seelen anzunehmen.

So ist das Ziel der Philothea die »praktische Seelenführung«, wie die Herausgeber der Neuübersetzung, Markus Dusek und Paul Bernhard Wodrazka, unterstreichen. »Ein frommes Leben im weltlichen Alltag: das ist es letztlich, wovon dieses Buch handelt«, schreibt der heilige Franz von Sales und bringt damit auch zum Ausdruck, an wen er sich wenden möchte. Bisher habe ein zurückgezogenes Leben als Voraussetzung für Frömmigkeit gegolten: »Meine Absicht ist es, jene zu unterrichten, die in den Städten wohnen, Familie haben, am Hof verkehren und durch ihre Aufgaben gezwungen sind, ein äußerlich gewöhnliches Leben zu führen.«

Definition der Frömmigkeit Wobei noch ein Wort zum Begriff der »Frömmigkeit« zu sagen ist, heute meist negativ aufgeladen und eher in Richtung »weltfremd, brav, naiv, beschränkt, spleenig« weisend, weshalb er seit der Mitte des 20. Jh.s zunehmend durch den aus Frankreich übernommenen Begriff »Spiritualität« verdrängt wurde. Dabei geht es keineswegs um Frömmigkeit als subjektive, emotionale Seite der Religiosität, ein »naives Gefühlschristentum« in Abkehr vom »realen Leben«. Schon zu Zeiten von Franz von Sales verleumdete »die Welt« nach seinen eigenen Worten das Frommsein »wie sie nur kann«: fromme Menschen seien »griesgrämig, freudlos, trübsinnig, unerträglich«.

Wie definiert Franz von Sales Frömmigkeit? In der Philothea steht: »Kurz gesagt: Frömmigkeit ist nichts anderes als eine Art Beweglichkeit und Lebhaftigkeit des Geistes, mit deren Hilfe die Liebe in uns wirken kann oder wir durch sie, bereitwillig und freudig«, gewissermaßen eine höhere Stufe der Nächstenliebe, wo man mit Freude und Leichtigkeit Gutes tut, zu dem man nicht verpflichtet ist.

Dabei hat das Ganze nichts Schablonenartiges; die Tugenden sollen auf treue und kluge Weise geübt werden: Im Laufe eines Lebens bleibt dies nicht gleich und ist auch für jeden anders, für Handwerker, Bischöfe, Kartäuser, Soldaten. Eine Familienmutter kann nicht wie eine Kartäuserin leben.

Die Gefahr ist, dass jeder sich die Frömmigkeit so zurechtbiegt, wie es ihm selbst gefällt, seinen Vorlieben und Neigungen entsprechend. Franz von Sales bringt mehrere Beispiele: einer fastet gerne, lästert und verleumdet aber ständig seinen Nächsten; einer betet den ganzen Tag, ist aber ansonsten überheblich und beleidigend. Ein anderer gibt Almosen, damit er sich fromm fühlen kann, ist aber sonst hartherzig. [...]
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