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Kultur
Der Dioskurenbrunnen am Quirinal (Teil 1)

Zwei steinerne Giganten

Zwei steinerne Giganten
Vor dem Quirinalspalast erhebt sich der Dioskurenbrunnen. Die beiden griechischen Sagengestalten Castor und Pollux bewachen, flankiert von ihren Pferden, das Brunnenbecken.
Nachdem Sixtus V. die einstige »Acqua Alessandrina« wiederhergestellt hatte, konnten endlich die Brunnen am Quirinal und am Viminal angelegt werden. Einer der schönsten ist wohl der Dioskuren- oder Kastorenbrunnen auf dem römischen Quirinalshügel.

Von Silvia Montanari

Papst Sixtus V. (Felice Peretti, 1585-1590) hatte die nach ihm benannte Wasserleitung eigentlich hauptsächlich deshalb gebaut, um seine Villa Montalto gleich gegenüber dem Obelisken bei Santa Maria Maggiore mit Wasser zu versorgen. Ein »Nebenprodukt« waren die zahlreichen Brunnen, die nachher auf den »klassischen Hügeln« der Ewigen Stadt – dem Quirinal und Viminal – entstanden. Die Villa musste anderen Gebäuden weichen. An ihrer Stelle entstanden der Hauptbahnhof Termini und die vielen großen Hotels in dieser Gegend.

Einer der eindrucksvollsten Brunnen der Ewigen Stadt ist die »Fontana dei Dioscuri« oder »Castori« auf dem Quirinalsplatz vor dem imposanten und weiten Quirinalspalast. Die frühere Sommerresidenz der Päpste ist heute Sitz des italienischen Staatspräsidenten. Der Brunnen wird von einer Verlängerung der »Acqua Felice« gespeist.

Griechische Sagenwelt


Der Dioskurenbrunnen, dessen große Ausmaße man auf dem Quirinalsplatz beinahe nicht wahrnimmt und die in der Weite fast untergehen, gehört mit zu den bekanntesten und edelsten der Urbs. Seine Gestalt nahm er im Laufe der Jahrhunderte und in verschiedenen Etappen an. Keine prunkvolle Schaufassade wie bei der »Acqua Paola«, dem Moses- oder gar dem von Touristen belagerten Trevi-Brunnen, sondern feurige Rösser, die von den Dioskuren – Halbgöttern und Söhnen des griechischen Göttervaters Zeus – im Zaum gehalten werden.

Der Name »Dioskuren« stammt aus dem Griechischen »Dios-Kuroi« (Söhne des Zeus). Die Halb- und Zwillingsbrüder der griechischen Mythologie, Kastor und Polydeukes (Lateinisch: Castor et Pollux), waren die Söhne der spartanischen Königin Leda. Pollux stammte aus einer Verbindung mit Zeus, der ihr als Schwan erschien. Daher war er ein Halbgott und somit unsterblich. Kastors Vater war hingegen der Ehemann der Leda, Tyndareos. In derselben Nacht empfangen, hießen die Zwillinge auch »Tyndariden«. Kastor war jedoch als Sohn des Tyndareos ein Sterblicher. Die Brüder waren einander in Liebe zugetan. Kastor tat sich als Rossebändiger hervor, Pollux im Faustkampf. Sie nahmen an den Abenteuern der Argonauten teil und an der Kalydonischen Jagd.

Im Sternbild der Zwillinge identifiziert, galten sie als Patrone der Seeleute. Als »Zureiter der weißen Pferde« waren sie Beschützer der Athleten und von sportlichen Wettkämpfen. Sie waren auch Nothelfer bei Schlachten. Der Diktator Aulus Postumius versprach, ihnen anlässlich des Kampfes gegen die Latiner am Regillus–See (496 v. Chr.) im Falle des Sieges einen Tempel am Forum zu widmen. Der Sage nach fochten sie damals an der Spitze des römischen Heeres und brachten die Nachricht vom erfolgreichen Ausgang nach Rom. Tatsächlich soll man sie sofort nach dem Sieg beim Tränken ihrer Pferde am »Lacus Iuturnae« am Forum Romanum gesehen haben. Dort errichtete man ihnen nächst dem kleinen Rundtempel der Vesta 484 v. Chr. einen großen Sakralbau – eben den sogenannten »Kastorentempel«. Von ihm sind nur das hohe Podium, die Rampe für die Treppen und drei hohe wieder aufgerichtete Säulen übriggeblieben.

Ihr Mythos breitete sich im gesamten Mittelmeerraum aus. Von ihnen gibt es häufige Darstellungen. In der Ewigen Stadt kann man sie gleich an zwei prominenten Stellen sehen: am Ende der »Cordonata« von Michelangelo, die auf den Kapitolshügel führt, flankieren die beiden Jünglinge – von ihren Rössern begleitet – den Platzeingang; auf dem Quirinal zähmen sie links und rechts des Obelisken ihre Pferde, die anfangs vor dem Augustusmausoleum standen. Bei guten Sichtverhältnissen kann man sie an klaren Tagen von der Porta Pia, am Ende der einst gleichnamigen Straße, heute Via XX Settembre, sehr gut erkennen.

Die Skulpturen, die sich noch im 16. Jahrhundert in den Ruinen der Thermen Konstantins des Großen befanden, ließ Sixtus V. restaurieren und parallel zum heutigen Konsulta-Palast (Sitz des italienischen Verfassungsgerichts) mit einem Brunnen aufstellen. [...]
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