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Kultur

Eindrucksvolle Präsenz in der Ewigen Stadt

Eindrucksvolle Präsenz in der Ewigen Stadt
Die Waldenserkirche an der Piazza Cavour
Seit 105 Jahren erhebt sich unweit des Vatikans majestätisch die Waldenserkirche an der Piazza Cavour. Sie soll vor allem demonstrieren, dass in der »Hauptstadt« des katholischen Glaubens noch eine andere, lange verfolgte Glaubensgemeinschaft selbstbewusst präsent ist.

Von Bernhard Hülsebusch

Man schrieb das Jahr 1910, als Papst Pius X. eine – ihn schockierende – Nachricht erhielt: In nächster Nähe, praktisch vor seiner Haustür, wollten die evangelischen Waldenser ein Gotteshaus errichten, noch dazu mit einer theologischen Fakultät. Unmöglich, eine Provokation! Folglich intervenierte der (später heiliggesprochene) Pontifex beim damaligen Bürgermeister Roms, Ernesto Nathan, er solle den Bau verhindern. Doch sein Drängen fruchtete nichts, wie Professor Paolo Ricca, Doyen der italienischen Waldenser- Theologen, erläutert: »Die einzige Auflage, die wir damals erfüllen mussten, war die, unser Gotteshaus ›Tempel‹ zu nennen. So sollten wir uns von der katholischen Kirche unterscheiden. Nun, wir hatten mit dieser Bezeichnung kein Problem. Viel wichtiger war uns das symbolische Vis-à-vis unseres Sakralbaus mit dem Petersdom.« Wie es mit der Beschriftung des Tempels in der komplizierten Endphase der Bauarbeiten 1913/14 genau lief, können wir nicht mehr rekonstruieren. Tatsache ist jedoch, dass schon seit langem über dem Hauptportal »Chiesa Valdese« steht. Darüber das Wappen dieser Glaubensgemeinschaft – eine brennende Kerze auf einem von sieben Sternen umgebenen Leuchter und die dem Johannesevangelium entnommene Umschrift »Lux lucet in tenebris« (Das Licht leuchtet in der Finsternis).

Bewegte Geschichte


Die Waldenser können auf eine rund 800- jährige, bewegte und überwiegend leidvolle Geschichte zurückblicken. Sie begann mit dem Ly - oner Kaufmann Petrus Valdes (etwa 1140-1218), nach dem sie benannt ist. Er verschenkte all seine Habe und prangerte als Wanderprediger die Dekadenz der Kirche seiner Zeit an, forderte evangeliumsgemäße Armut und plädierte für eine direkte Beziehung zu Gott – ohne Amtskirche und Papst. Die Folge: Als Häretiker verfolgt, mussten Valdes’ Anhänger Frankreich verlassen. Sie zogen sich unter anderem in das Pellice-Tal in Piemont zurück. Mit Luthers Reformation wandelten sich die Waldenser von einer auf Laienprediger gestützten Gläubigenschar zu einer Religionsgemeinschaft mit einer guten Organisation, wie sie im Wesentlichen noch heute besteht. Die Reformation, betont der Pastor und Historiker Claudio Pasquet, »befreite die Waldenser aus ihrem Dasein im Verborgenen. Sie bauten sich Kirchen, verbreiteten ihr Credo und publizierten ihre Schriften. Aber das führte natürlich zum Zusammenstoß mit der katholischen Kirche und den ihr ergebenen Fürsten.« So kam es zur grausamen Verfolgung der angeblichen Ketzer. 1655 ließ der Herzog von Piemont fast 2.000 Waldenser ermorden.

Erst im Zuge der italienischen Einheitsbewegung und generell liberaler Tendenzen konnten sich die Waldenser freier bewegen. 1848 erhielten sie im Königreich Sardinien-Piemont volle Bürgerrechte. Und dasselbe geschah nach 1870 im ganzen Land, im neuen Königreich Italien. Ein historisches Kuriosum: Die ersten Waldenser in Rom waren im Gefolge des piemontesischen Heeres Ende September 1870 durch die aufgebrochene Porta Pia in die neue Hauptstadt gekommen – als »Kolporteure«, Bibelverkäufer, mit einem Wagen voller religiöser Schriften, den ein Hund zog. [...]
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