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Kultur
Hafenstädte mit päpstlicher Vergangenheit (Teil 1)

Civitavecchia – das Tor des Kirchenstaates zur Welt

Civitavecchia – das Tor des Kirchenstaates zur Welt
Die dem Schutz des Hafens dienende Festung »Forte Michelangelo« entstand in der Renaissancezeit (ab 1508) auf Veranlassung von Papst Julius II.
Von Ulrich Nersinger

Civitavecchia, gut siebzig Kilometer vor den Toren Roms gelegen, ist eine der bedeutendsten Hafenstädte Italiens, sowohl was das Waren- als auch das Passagieraufkommen betrifft. Rund anderthalb Millionen Kreuzfahrtgäste und Nutzer von Fähren verzeichnet die Hafenbehörde der Stadt im Latium alljährlich. Die Herbstmonate entlassen Tausende von Passagieren der großen Kreuzfahrtschiffe ans Land. Kostenlose Shuttlebusse bringen sie alle zwanzig Minuten zur Hafenausfahrt. Von dort sind es nur wenige Schritte und man betritt die Innenstadt von Civitavecchia. Die Besucher sind oft überrascht. Sie sehen sich in einen kleinen, schmucken Ort versetzt.

Etruskische Ursprünge

Heute vermag kaum jemand Mark Twain (1835-1910) zu verstehen, der Civitavecchia in einem Reisebericht des Jahres 1869 mit wenig schmeichelhaften Worten erwähnt: »Dieses Civita Vecchia ist das feinste Drecknest und Domizil von Ungeziefer und Unwissenheit... Diese Gässchen sind mit Steinen gepf lastert und mit einem Teppich bedeckt, der aus toten Katzen, vermoderten Lumpen, verwesten Gemüseabfällen und Überbleibseln alter Schuhe besteht, alles mit Spülwasser durchtränkt, und die Leute sitzen auf Schemeln herum und genießen das… Ein Teil der Männer geht zum Militär, die anderen werden Priester und der Rest wird Schuster… Hier gibt es nichts zu sehen.«

Aber auch der französische Schriftsteller Marie-Henri Beyle (1783-1842), besser bekannt unter seinem Pseudonym »Stendhal«, tat sich mit seinem Aufenthalt in der päpstlichen Hafenstadt nicht leicht; er wirkte dort seit 1831 als Konsul Frankreichs. Hier entstand sein berühmter Roman »La Chartreuse de Parme – Die Kartause von Parma«. Am Beginn des Corso Centocelle erinnert eine Marmortafel daran, dass dort der Dichter und Diplomat Wohnung genommen hatte. Stefan Zweig nannte in einer Biografie Stendhals Civitavecchia »einen kalkweisen, bösen Brutkessel, öde, langweilig« und zitierte Beyles Auspruch: »Man krepiert vor Langeweile«. Lord Byron (1788-1824) hingegen gestand Civitavechia zu, »charmanter« zu sein als die Hafenstädte seiner englischen Heimat.

Civitavecchia geht auf eine etruskische Gründung zurück. An Bedeutung gewann der Ort an der Küste Latiums unter der Bezeichnung »Centumcellae«, als Kaiser Trajan (53-117) den Bau eines Hafens anordnete. Später stand er bis zum 8. Jahrhundert unter Kontrolle von Byzanz. Die schon immer engen Bindungen zu Rom führten 1432 dazu, dass Civitavecchia endgültig dem Kirchenstaat einverleibt wurde, bei dem es bis zum Jahre 1870 verblieb. Bis dahin war Civitavecchia neben Ancona der wichtigste Handels- und Kriegshafen der Päpstlichen Staaten. Hatte die Stadt in der Vergangenheit militärische Angriffe und Belagerungen in der Regel gut überstanden, so erlebte sie ihre schlimmsten Tage im Zweiten Weltkrieg. Obwohl Civitavecchia als eine Hochburg des italienischen Widerstands galt, wurde es von alliierten Bombern in Schutt und Asche gelegt und dem Erdboden fast gleichgemacht. [...]
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