 |
|
Von Silvia Montanari
QVAECVNQVE VOVI REDDAM/PRO SALVTE DOMINO (Was ich gelobt habe, will ich dem Herrn für die Rettung erfüllen).
Diese Inschrift steht über dem marmornen, von Säulen flankierten Haupteingang der Peterskirche in Wien. Sie erinnert an das Gelübde von Kaiser Leopold I., das er angesichts der schrecklichen Pestepidemie ablegte, die 1679 wütete. Sollte die Seuche rasch abflauen, versprach er, die Peterskirche, deren Patronatsherr er war, von Grund auf neu zu errichten, sowie ein Dankesdenkmal, die Pestsäule am Graben.
Nur einen Katzensprung vom Stephansdom entfernt – der Kathedrale, die nicht nur der eigentliche Mittelpunkt, sondern auch das Wahrzeichen der Hauptstadt ist – liegt die Peterskirche. Eingezwängt in den engen Gässchen, erwartet man nicht, hier auf so eine prächtige und große barocke Kirche zu stoßen. Sie befindet sich auf dem Areal des ehemaligen, um 100 n. Chr. gegründeten römischen Militärlagers Vindobona. Vermutet wird aufgrund von Funden, die man vor einiger Zeit in nächster Nähe machte, dass sie zu Ende des 4. Jh.s in Kasernen dieses ehemaligen Castrums, die an den Südwall angrenzten, eingebaut wurde.
Gelübde in schwerer Zeit Möglicherweise war es ein zum Christentum bekehrter Legionär, der aus der Ewigen Stadt kam – immerhin war die Peterskirche (Alt-St. Peter) in Rom 324 n. Chr. von Kaiser Konstantin errichtet worden – und zu Ehren des heiligen Petrus den Grundstein für die heutige barocke Peterskirche legte. Eventuell war es ein anderer Stifter, der vielleicht ebenfalls Petrus hieß, nach dem das früheste Gotteshaus (nach dem Beispiel der römischen Titelkirchen) benannt wurde. Es handelte sich wahrscheinlich um eine Saalkirche. Im Frühmittelalter ersetzte man sie durch eine romanische Kirche, die der Tradition zufolge kein Geringerer als Karl der Große 792 gegründet haben soll. Daran gemahnt ein großes Relief an der Ostseite. Die erste urkundliche Erwähnung geht allerdings auf das Jahr 1137 zurück.
Im Spätmittelalter und dann in der Gotik gestaltete man sie um, wobei das Langhaus in drei ungleiche Schiffe aufgeteilt wurde. Sie wies im Westen einen rechteckigen dreigeschossigen Hauptturm auf, der von einem schmalen Dachreiter mit einem großen Kreuz bekrönt war, wie wir der »Vogelschau« von Jacob Hoefnagel aus dem Jahr 1609 entnehmen können. Wie sie innen aussah, wissen wir nicht. Im gleichen Stadtplan erkennt man auch, dass sie von niedrigen Läden umgeben war, die sich an die Außenmauern schmiegten. In einem etwas größeren Zubau war die »Stadtguardia«, Vorläuferin der heutigen Polizei, untergebracht.
Die Schäden infolge eines Großbrandes 1661 wurden nur unzureichend repariert, so dass das Gotteshaus in einem sehr schlechten Zustand war, als es 1679 der Allerheiligsten Dreifaltigkeitsbruderschaft übergeben wurde, die natürlich danach trachtete, es zu renovieren, oder im besten Fall neu zu errichten, was dann auch geschah. Ihr bekanntestes Mitglied war Kaiser Leopold I. (geb. 1640 in Wien, römisch-deutscher Kaiser ab 1658, gest. 1705 in Wien). Angesichts der zahllosen Opfer und der schrecklichen Zustände, die in Wien infolge der beängstigenden Pestepidemie herrschten, sowie der rasanten Verbreitung der Krankheit legte er das Gelübde ab, ein Dankesdenkmal, die spätere Pestsäule, die man am Graben heute noch bewundern kann, sowie die Peterskirche neu zu bauen. Danach floh auch er aus Wien, zuerst nach Prag und dann nach Linz. Zwar wollte er nur mit geringem Gefolge reisen, doch die Schar war groß und überall, wo man vorbeikam, gab es danach Pesttote (heute wissen wir, aufgrund der Corona-Pandemie besser informiert, dass es asymptomatisch Infizierte gibt, die ansteckende Krankheiten verbreiten. Anzunehmen ist also, dass in der Begleitung Leopolds I. solche Personen mit dabei waren).
Übrigens weist der Name »Graben« – heute mit eine der besten Wiener Adressen für internationale Modemarken und elegante Läden – darauf hin, dass sich da einmal der »Graben« vor den Palisaden und den Mauern des römischen Lagers, die es umfassten, erstreckte. Das zeigt, dass die Peterskirche, als wohl älteste Kirche der Stadt, innerhalb der alten römischen Mauern entstand. [...]
|