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Kultur
Die Päpste, der Vatikan und der Fußball

Die schönste Nebensache der Welt

Die schönste Nebensache der Welt
Vatikanische und deutsche Fußballerinnen bei einem Spiel in Rom.
Von Ulrich Nersinger

Die Päpste, der Vatikan und der Fußball. Wie kommt das zusammen? Weitaus besser, als man ahnt! Der schönsten Nebensache der Welt konnte man im Vatikan schon im 16. Jahrhundert beiwohnen.


Im späten Mittelalter machte der »calcio fiorentino«, der »Florentiner Fußball«, von sich reden. Mit ihm trat dann auch erstmals, so bezeugen es offizielle Urkunden, der Vatikan »aufs Spielfeld«. 1521 fand eine Partie im Belvederehof des Apostolischen Palastes statt – vom Borgiaturm aus verfolgte Papst Leo X. (1513-1521), als Medici ein gebürtiger Florentiner, das Spiel. Der Bruder des Heiligen Vaters, Piero de’ Medici, war ein begeisterter »calciante« (Spieler) in seiner Heimatstadt gewesen. Das Spiel war in Florenz ursprünglich allein den obersten Adelsschichten vorbehalten gewesen; man spielte es im Livree oder im Kostüm, daher auch die Bezeichnung »calcio di livrea / di costume«. Für die Historiker steht heute mit großer Wahrscheinlichkeit fest, dass sich drei Päpste in ihrer Jugend am »calcio fiorentino« beteiligt haben, allesamt Florentiner: Zwei von ihnen waren Mitglieder der Familie Medici (Klemens VII., 1523-1534, und Leo XI., 1605), einer gehörte dem Adelsgeschlecht der Barberini an (Urban VIII., 1623-1644).

Der »calcio fiorentino« war ein sehr männlicher Sport, der mit harten Bandagen durchgeführt wurde. In manchen Vorgangsweisen erinnerte er mehr an das heutige Rugby als an das uns vertraute Fußballspiel. Der »calcio« wurde vor allem in der Karnevalszeit gespielt, aber auch zu besonderen staatstragenden Ereignissen. Als Cosimo I. de’ Medici als Großherzog der Toskana die Herrschaft antrat, wurde zu seinen Ehren in der Ewigen Stadt, in den Thermen des Diokletian, von den in Rom lebenden florentinischen Adeligen eine Partie dargeboten; die Gewinner erhielten eine Prämie aus den Händen von Kardinal Ferdinando de’ Medici.

Eine Geschichte des vatikanischen Fußballs ist noch nicht geschrieben worden. Man weiß jedoch, dass Papst Pius IX. (1846-1878), als er noch dem römischen »Ospizio San Michele«, einer großen Sozialeinrichtung des alten Kirchenstaates, als Leiter vorstand, den dort lebenden Jugendlichen und jungen Männern das Ballspiel erlaubte.

»Fußballmäßig« bedeutsam wurde das Pontifikat Pius’ XII. (1939-1958). Im Heiligen Jahr 1950 wohnte der Papst auf dem Petersplatz verschiedenen Ballspielen der »Katholischen Jugend« bei und empfing auch die Fußballspieler unter ihnen. Bereits 1948 war es zu Sonderaudienzen für die Clubs von Lucca und Neapel gekommen. Im Heiligen Jahr kündigte John E. Swift namens der USamerikanischen Columbus-Ritter dem Papst die Errichtung eines ihm gewidmeten Sportkomplexes im römischen Stadtviertel Primavalle an; im Juni 1952 konnte der New Yorker Erzbischof Francis Kardinal Spellmann dessen Segnung vornehmen. Dank des italienischen Sportzentrums CSI (»Centro Sportivo Italiano«) und des Erzbischofs von Genua, Giuseppe Siri, entstand 1956 in Genua ein Stadion, das vornehmlich dem Fußball diente. Aus Anlass des 80. Geburtstags des Papstes wurde es nach Pius XII. benannt. [...]
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