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Kultur

Die »Sixtinische Kapelle« von Pisa – Gerettet von gefräßigen Bakterien

Die »Sixtinische Kapelle« von Pisa – Gerettet von gefräßigen Bakterien
Der »Triumph des Todes« auf dem Pisaner Camposanto: In das höfische Leben bricht erbarmungslos der Tod ein.
Von Silvia Guidi

Nach jahrelangen schwierigen – und unter verschiedenen Gesichtspunkten hochkomplizierten – Restaurierungsarbeiten sind völlig neue Details ans Licht gekommen: Ein Eichhörnchen, das an einer Nuss herumknabbert, zwei Skorpione, der vom Hintergrund kaum zu unterscheidende Umriss eines Käuzchens, die aufs Gewand einer edlen Dame gestickten blauen Papageien. Der Triumph des Todes (Trionfo della morte) von Buonamico Buffalmacco, das Aushängeschild des großen, aus dem 14. Jahrhundert stammenden Bilderzyklus des monumentalen Camposanto in Pisa, kann trotz des behandelten Themas von Neuem seinen Charakter als implizite Hymne an das Leben wie auch die tiefe Zuneigung seines Urhebers für alles Lebendige zeigen, ob es sich nun um Menschen oder Tiere handelt.

Das Azurit ist im Laufe der Jahrhunderte zu Staub zerfallen und unwiederbringlich verlorengegangen, ebenso wie die Gold- und Silberplättchen, die die Schwerter, die Kandaren der Pferde und die Gewänder der jungen Adeligen auf dem Fresko schmückten, aber wenn man den Blick über den von Buffalmacco – andere Kunsthistoriker bezeichnen ihn vorsichtiger als den Meister des Triumphs des Todes von Pisa – bemalten Putz schweifen lässt, so ist dies nach wie vor eine Erfahrung, die ein hohes Risiko in sich birgt, dem Stendhal-Syndrom zu verfallen. Genau so, wie es bereits bei Buffalmaccos Zeitgenossen der Fall war, die fasziniert waren von den lebhaften Farben, den Schriftbändern voller Inschriften (die damals lesbar waren, uns heute aber nur noch dank Transkriptionen aus dem 19. Jahrhundert überliefert sind) wie auch vom Schimmer des von Kerzen und Kohlenbecken erleuchteten Metalls.

Jahrzehnte geduldiger, verbissener Arbeit bei der Suche nach Lösungen, die sich so wenig wie irgend möglich auf scheinbar unlösbare Probleme auswirken sollten, haben zu einem verblüffenden Ergebnis geführt: Die dunkle und schmierige Patina, ein Überbleibsel jener Materialen, die man in den 1960er-Jahren für die Abnahme der Malschicht von der Mauer verwendete, ist der natürlichen Helligkeit des Kalks und einer neuen Lesbarkeit jedes einzelnen Abschnitts der fünfzehn Quadratmeter von Buffalmaccos berühmtestem Fresko gewichen. Das ist den Bakterien zu verdanken, die vom Stab des Mikrobiologen Giancarlo Ranalli darauf abgerichtet wurden, jene Substanzen – in ganz wörtlichem Sinne – zu »fressen«, die kein Lösungsmittel zu eliminieren vermochte. [...]
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