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Kultur
Nachwort von Papst Franziskus zum Buch »La tessitura del mondo«

Das Geheimnis des Erzählens

Das Geheimnis des Erzählens
Giovanni Domenico Tiepolo, »Der Geschichtenerzähler« (1773) (Ausschnitt)
Wir veröffentlichen im Folgenden das Nachwort von Papst Franziskus zum Buch »La tessitura del mondo« – »Das Gewebe der Welt«, publiziert von der Vatikanischen Verlagsbuchhandlung und dem italienischen Verlagshaus Salani. Das von unserem Direktor Andrea Monda herausgegebene Buch, das auf Italienisch im Buchhandel erhältlich ist, sammelt die Stimmen von bekannten Persönlichkeiten aus der Welt der Kultur zum Thema Erzählen.

»Die Geschichten, die wir immer wieder erzählen und einander überliefern, sind Zelte, unter denen wir uns versammeln, Banner, unter denen wir in die Schlacht ziehen, unzerstörbare Seile, die die Lebenden und die Toten miteinander verbinden, und das Knüpfen dieser riesigen Netze über Jahrhunderte und Kulturen hinweg bindet uns fest aneinander und an die Geschichte und führt uns durch die Generationen.« Das schreibt Donna Tartt nach der Lektüre dieses Buches, in dem die Gedanken von 44 Schriftstellern, Künstlern, Theologen und Journalisten zum Thema der Erzählung zusammengetragen sind. Die amerikanische Romanschriftstellerin erfasst mit großem Scharfsinn einen Punkt, in dem viele Autoren dieses Buches übereinstimmen: die Erzählung als »Gewebe«, das aus »unzerstörbaren Fäden« besteht, das alles und alle, Gegenwart und Vergangenheit, miteinander verbindet und es ermöglicht, sich mit Vertrauen und Hoffnung gegenüber der Zukunft zu öffnen.

Sinn für Offenheit und Dialog


Dieser Aspekt des »textum« (lateinisch für »Gewebe«, daher das deutsche Wort »Text«) stand im Mittelpunkt meiner Botschaft zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel 2020, die gleichsam der Funke war, der alle anderen hier zusammengetragenen Reflexionen hervorgebracht hat. Denn von Februar bis Oktober 2020 wurden diese Texte, die durch die Lektüre dieser Botschaft »hervorgerufen« wurden, im L’Osservatore Romano veröffentlicht. Anschließend wurde ich gebeten, am Ende dieser gehaltvollen und schönen Serie, die ich bereits im Laufe der Monate, in denen sie erschien, mit großer Freude gelesen hatte, ein Schlusswort hinzuzufügen. Ich habe also gerne zugestimmt – allerdings unter der Bedingung, dass es nicht als »endgültig« betrachtet wird. Zum einen, weil »die Geschichten kein Ende nehmen« – wie Frodo, der Protagonist von Tolkiens Der Herr der Ringe, sagt – und zum anderen, weil ein sehr schöner Aspekt dieses Buches gerade sein Sinn für Offenheit, Kreisförmigkeit und Dialog ist.

Bevor ich auf das Thema des »Inhalts« zurückkomme, möchte ich kurz auf die »Methode« dieses Buches eingehen: Am Anfang steht eine Botschaft, die veröffentlicht wird; diese Botschaft wird geteilt und einigen Menschen unterbreitet, die sich davon ansprechen lassen und sie mit ihrem Beitrag bereichern. Der Urheber der Botschaft liest all diese Beiträge und setzt eine neue Reflexion in Gang, die dank der Beiträge aller gehaltvoller ist als die ursprüngliche. Schließlich tritt der Leser dieses Buches in den Dialog ein und setzt ihn in seinem täglichen Leben fort. Das sind die »Zelte, unter denen man sich versammelt«, wie Tartt sagt, das ist die Verknüpfung, die »uns fest miteinander verbindet«, auch über Generationen hinweg. [...]
Lesen Sie mehr in der Printausgabe.

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