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Kultur
Millionen Menschen besuchen die Ausstellung

Das Turiner Grabtuch und der Stand der Forschungen

Das Turiner Grabtuch und der Stand der Forschungen
Von Christa Langen-Peduto

Zehntausende von Pilgern strömten in den Dom von Turin gleich in den ersten Wochen der erneuten öffentlichen Ausstellung des Grabtuchs, auf Italienisch »la Sacra Sindone«. Eine Million Besucher hatten sich vorangemeldet, doch gerechnet wird damit, dass bis zum 24. Juni mindestens dreimal soviel Menschen dorthin pilgern werden. Es ist im Dom in einer kugelsicheren schwenkbaren Vitrine ausgestellt, die 2500 Kilogramm wiegt. Der Überlieferung nach war in das Leinentuch mit Fischgrätmuster, 4,36 Meter lang und über 1,10 Meter breit, der Leichnam Christi gehüllt. Es zeigt den Doppelabdruck eines 1,81 Meter großen Mannes mit Bart und langem Haar, der alle Merkmale der in der Bibel beschriebenen Kreuzigung aufweist. Doch gerade die katholische Kirche spricht heutzutage nur vorsichtig von einer »zu verehrenden Ikone« und weniger von einer Reliquie. Seit über 100 Jahren ist das Grabtuch Streitobjekt von Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachrichtungen. Es gibt Beweisführungsthesen für seine Echtheit ebenso wie für seine Fälschung. Nach wie vor ist es also ein Geheimnis der Geschichte und wohl gerade auch deshalb eine der größten spirituellen Attraktionen.

Warum es aus religiöser Sicht auch ohne Authentizitätsbeweis verehrungswürdig ist, das haben alle Päpste der letzten Jahrzehnte herausgestrichen. Das Tuch mit dem Antlitz eines leidenden bärtigen Mannes und den Wundmalen eines Gekreuzigten auf dem Körper sei »Spiegel des Evangeliums«, hatte Papst Johannes Paul II. erklärt, aber auch mit Blick auf die Wissenschaft von einer »Herausforderung für die Intelligenz« gesprochen. Gerade zu seiner Amtszeit, im Jahre 1988, wurde ein Ergebnis veröffentlicht, das damals als spektakulär galt, inzwischen aber schon wieder angezweifelt wird. Mittels Radiokarbontest an entnommenen Stoffproben wollten Wissenschaftler an unterschiedlichen Universitäten einmütig festgestellt haben, dass es sich um eine Fälschung aus dem 13. oder 14. Jahrhundert handle. Der schlagende Gegenbeweis also, so hieß es damals. Doch Johannes Paul gab dennoch der »Sacra Sindone« ihren Platz in der Kirche zurück: »Die geheimnisvolle Faszination des Grabtuchs wirft Fragen über die Beziehung dieses geweihten Leinens zum historischen Leben Jesu auf. Da das aber keine Glaubensangelegenheit ist, hat die Kirche keine besondere Befugnis, zu diesen Fragen Stellung zu beziehen.« Papst Benedikt XVI. meditierte 2010 lange vor dem ausgestellten Tuch. Er bezeichnete es als eine »Ikone«, die für die Verborgenheit Gottes am Karsamstag stehe. Das Tuch sei eine Hilfe für den Glauben. Papst Franziskus, dessen Vorfahren aus dem Piemont stammen, wird am 21. Juni nach Turin pilgern. Doch bei seiner Ansprache vor dem Regina Caeli am 19. April, dem ersten Ausstellungstag, äußerte er sich schon zur »Sacra Sindone«. [...]
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