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Kultur
Botero-Ausstellung »Via Crucis« in Rom

Passionskunst mit innerer Dramatik

Passionskunst mit innerer Dramatik
Der ans Kreuz genagelte Christus; Grauweiß ist sein Leib, beige das Kreuz und die Hochhäuser-Stadt dahinter, grün die Bäume.
Von Christa Langen-Peduto

Manche Besucher können sich zunächst ein belustigtes Schmunzeln nicht verkneifen. Das soll »Via Crucis – die Passion von Christus« sein? Diese kunterbunten Gemälde mit all den dicken Menschen darauf, mit einem ebenso massigen Christus mit lateinamerikanischen Gesichtszügen zwischen römischen Soldaten und Männern von heute? Mit Maria als leidender, aber fülliger Mutter, der dicke Tränen über das bäuerlich runde Gesicht laufen? Mit einem Gekreuzigten auf einem Kalvarienberg, hinter dem sich eine moderne Hochhäuser-Stadt erhebt? Doch je intensiver Besucher die Bilder betrachten, umso nachdenklicher und ernster werden sie. Und zum Schluss gehen viele ziemlich erschüttert hinaus, und wieder hinein in den Verkehrslärm und Geschäftetrubel der Via Nazionale im Zentrum Roms. Wer dann noch in Richtung Spanische Treppe durch den langen Tunnel gleich nebenan vom Ausstellungsgebäude »Palaexpo« geht, wo das Autogehupe doppelt schallt und ein Touristenbus nach dem anderen vorbeifährt, der sehnt sich umso mehr nach ein wenig Stille zum Nachdenken. Denn je mehr man sich in die Passionskunst von Fernando Botero vertieft, umso mehr wird ihre innere Dramatik erkenntlich.

»Ich habe diese Serie gemalt, weil sie einen fundamentalen Moment des Lebens von Jesus beschreibt. Es sind keine satirischen Elemente in dieser Arbeit, die von großem Respekt gekennzeichnet ist«, so der kolumbianische Künstler, zweifellos der berühmteste lebende lateinamerikanische Maler. Das Thema »Via Crucis« sei seit der Renaissance eines der großen Themen der Ikonographie gewesen: »Eine wunderschöne Tradition, in der Künstler aktuelle Wirklichkeit mit Geschichte vermischten. Auch ich habe mir dieselbe Freiheit erlaubt und gewisse lateinamerikanische Realitäten mit dem biblischen Thema vermischt.« Es sind 63 Botero-Werke zur Christus-Passion, darunter 37 ungeheuer ausdrucksstarke Zeichnungen, die das römische Ausstellungsgebäude bis 1. Mai zeigt. Also passend zur Fasten- und Osterzeit, gleichzeitig eingegliedert ins laufende Heilige Jahr der Barmherzigkeit, das Papst Franziskus ausgerufen hat.

Alle Bilder entstanden zwischen 2010 und 2011. Sie wurden von Botero anlässlich seines 80. Geburtstages (geb. 19. April 1932) dem Museum Antioquia seiner Heimatstadt Medellin in Kolumbien geschenkt. Dieses machte daraus eine internationale Wanderaustellung. Sie war schon in New York, auch in Palermo, jetzt also in Rom. Zu Italien hat Botero – zeitweise lebt und arbeitet er in Pietrasanta in der Toskana – bekanntlich eine besondere Beziehung. Hier studierte er in seiner Jugend, hat sich inspiriert an Bildern von Piero della Francesca und Paolo Uccello, aber auch an Leonardo da Vinci. Boteros »Mona Lisa im Alter von zwölf Jahren«, mit kugelrundem Gesicht, wurde schon 1961 vom New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) erworben. Seit Ende der 50er Jahre malt er – und bildhauerte früher auch – in dem ihm eigenen weltberühmten Stil, längst auch »Boterismus« genannt, der sich in keine andere Kunstrichtung einordnen lässt. [...]
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