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archivierte Ausgabe 1/2024
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Kultur |
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Ausstellung »Rubens und die Skulptur in Rom« in der Galleria Borghese |
Ein neuer Sinn für Naturalismus und Leben |
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Blick in die Räume der Galleria Borghese: Rubensporträt von Ludovicus Nonnius, Öl auf Holz, 1627, National Gallery London, ausgestellt zwischen zwei Marmor-Büsten des Kardinals Scipione Borghese, geschaffen von Bernini 1632. |
Von Christa Langen-Peduto
Das Jesuskind ist schon etwas größer, sitzt zwar noch auf dem Schoß der Gottesmutter, doch es hebt schon segnend die rechte Hand. Beide sind umgeben von Engeln und Putten, die fast übereinander purzeln. Eine herrliche barocke Szene voller Leben. Deswegen wurde Peter Paul Rubens (geb. 1577 in Siegen, gest. 1640 in Antwerpen) schon zu Lebzeiten in Rom gefeiert.
1608 war sein dreiteiliges Altarbild »Madonna mit den sechs Heiligen«, auf Schiefertafeln ausgeführt, fertig. Die zentrale Tafel ergänzen Bilder an den Seitenwänden, so ausgerichtet, dass sie im visuellen Dialog mit der Madonna mit Kind zu stehen scheinen. Immer noch hängt dieses erweiterte Triptychon an seinem ursprünglichen Standort, nämlich über dem Hauptaltar in Santa Maria della Vallicella unweit von der Piazza Navona, auch »Chiesa Nuova« genannt. Es ist wirklich einzigartig, nämlich ein sogenanntes »motorisiertes Ölgemälde«. Heutzutage wird die ovale Kupfertafel mit einer Fernbedienung herauf und herunter gefahren. Rubens hatte einen Mechanismus aus Rollen und Seilen herstellen lassen. Warum das Ganze? Direkt darunter befindet sich ein Gnadenbild aus dem 14. Jahrhundert, die Vallicellianische Madonna mit Krone. Auch diese Freskoikone soll von den Gläubigen verehrt werden können. Deshalb verschwindet die Rubens-Madonna zur Abendmesse am Samstag per Tastendruck aus dem Blickfeld. Und am Sonntag zur selben Zeit wird sie wieder hochgefahren. Die Werktage gehören Rubens allein… Beide Marienbilder führten bis Anfang 2024 allerdings ein Aschenputtel-Dasein. Ein gigantisches Metallgerüst umstellt den Hauptaltar, Restaurierungsarbeiten sind im Gange. Der Blick auf Bild und Fresko ist frei geblieben, doch sind sie nur von weitem zu sehen.
Die Berührung von Pygmalion
Umso mehr wird Rubens derzeit in der Galleria Borghese gefeiert. Bis 18. Februar läuft dort die so betitelte Ausstellung: »Die Berührung von Pygmalion – Rubens und die Skulptur in Rom«. Im antiken Mythos verliebt sich der Bildhauer Pygmalion in eine von ihm modellierte Elfenbeinstatue so sehr, dass er bei der Göttin Venus erreicht, sie zum Leben zu erwecken. Mit Bezug auf Rubens ist damit gemeint – ein bisschen weit hergeholt – die außerordentliche Fähigkeit des großen flämischen Malers in seinen Zeichnungen und Gemälden »antiken Marmor in vibrierende malerische Materie zu verwandeln«, so heißt es im Begleittext der Ausstellung.
Als Rubens Anfang des 17. Jahrhunderts in Rom war, wurden überall antike Skulpturen ausgegraben, und er hatte reichlich Gelegenheit, sie zu studieren. »Rubens ist unser Pygmalion, dank seiner aktiviert sich ein neuer Dialog mit antiken und modernen Quellen, der eine neue Kunst ins Leben ruft, die wir dann Barock nennen«, sagt denn auch Lucia Simonato, Kuratorin der Schau zusammen mit der Direktorin der Galleria Borghese, Francesca Cappelletti. Er habe so für »neuen Sinn für Naturalismus und Leben« in den von ihm geschaffenen Werken gesorgt. Im Klartext bedeutet das, dass der Flame auch wesentlich italienische Künstler beeinflusst hat, für diese eine Art geistiger Vater war. 50 seiner Werke, herbeigeholt aus bedeutenden Museen und Galerien in Washington, London, Paris und München, sind jetzt zur Schau gestellt mitten in der Standardsammlung der Galleria Borghese im gleichnamigen Park. Sie zeigt die schönsten Exponate von Tizian und Caravaggio, vor allem auch die herrlichen Skulpturen von Gian Lorenzo Bernini. Und oft ist die Gegenüberstellung mit Rubens-Kunst sehr gelungen und beweist die teils gegenseitige Einflussnahme. Direktorin Francesca Cappelletti: »Der Rundgang verläuft in Harmonie mit den Werken der Galerie, wir haben die Möglichkeit, die Gemälde von Rubens dicht nebeneinander zu stellen, vor allem im Saal des Raubes der Proserpina.« Das führe zur Überlegung über gemeinsame Wurzeln, die zum Beispiel die Bewunderung für Michelangelo gewesen sein könnten: »Durch die Augen eines jungen ausländischen Malers versuchen wir, die Rolle der Kollektion Borghese als Motor für die neue Sprache des europäischen Naturalismus wieder aufzubauen.« [...]
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