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Kultur
Kardinal Schönborns römische Titelkirche Gesù Divino Lavoratore

Gotteshaus in einem großen »Kleine-Leute-Viertel«

Gotteshaus in einem großen »Kleine-Leute-Viertel«
Am 22. November 1998 nahm Kardinal Christoph Schönborn seine Titelkirche in Besitz. Sie liegt im Stadtteil Trastevere und stammt aus den 1950-er Jahren.
Sie ist die Titelkirche des einzigen österreichischen Kardinals, des Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn OP: Gesù Divino Lavoratore. Der ungewöhnliche Name (auf Deutsch: Jesus, der göttliche Arbeiter) steht für ein modernes Gotteshaus in einem betriebsamen »Kleine-Leute-Viertel«.

Von Bernhard Hülsebusch

Bei Don Riccardo Lamba, dem Pfarrer von Gesù Divino Lavoratore, piepst das Handy fast alle fünf Minuten: Kontakte mit seinen Vikaren, Termine für den Katechismus-Unterricht, Probleme im Oratorium, ein kleines Fest in dem zu seiner Pfarrei gehörenden Kindergarten. Hin und wieder, alle paar Monate, kommt auch ein Anruf aus Wien. Denn das Gotteshaus im römischen Stadtviertel Marconi-Portuense ist die Titelkirche von Christoph Schönborn, des – seit dem Tod von Kardinal Stickler 2007 – einzigen österreichischen Purpurträgers. »Ich schätze Schönborn sehr«, unterstreicht Don Riccardo und ergänzt: Der Wiener Erzbischof komme garantiert einmal pro Jahr. »Aber es kann schon passieren, dass er uns zwischendurch mitteilt: ›Ich reise morgen nach Rom, in den Vatikan. Kann ich übermorgen bei euch die Messe feiern?‹«

Don Riccardo stimmt dann gern zu. Überhaupt freut er sich über die gute Beziehung zum Erzbistum Wien. Kardinal Schönborn ist, in zeitlicher Abfolge, der dritte Titular in der noch jungen Geschichte dieser Kirche und ihrer umfangreichen Pfarrei. Blicken wir also zurück. Anfang der 1950-er Jahre wurde für Papst Pius XII. und die Verantwortlichen in seinem Vikariat Rom immer deutlicher, dass für die wachsende Zahl der Gläubigen rund um die Straßen Via Marconi-Via Portuense (also damals am Stadtrand) eine neues geistliches Zentrum nötig sei. Gedacht, getan. 1954/55 errichtete man zunächst eine Behelfs-Kirche mit Zeltdach. Als erster Seelsorger wurde Francesco Rauti eingesetzt. Von Don Rauti stammt auch die Idee, den Sakralbau »Gesù Divino Lavoratore« zu nennen – was Pius XII. sehr gefiel, weil (so die Kirchenchronik) »der Begriff Arbeiter mit seiner weitreichenden Bedeutung alle menschlichen Aktivitäten umfasst «. Dem Pacelli-Papst lag viel daran, dass die Kirche in der Welt der Arbeit präsent ist.

Den Auftrag zum Bau einer neuen großen Kultstätte erhielt der prominente Architekt Raffaello Fagnoni. Er machte sich ans Werk. Der auf Pius XII. folgende Pontifex Johannes XXIII. förderte das Projekt. 1960 konnte Kardinal-Vikar Clemente Micara die gegenwärtige Kirche einweihen: Einen mächtigen ovalen Bau, der bei Gottesdiensten bis zu 1000 Personen Platz bietet; davor – direkt an der Via Oderisi di Gubbio – ein imposanter runder Campanile, 44 Meter hoch und schon bald ein Markstein für das ganze Stadtviertel.

XXIII. die Kirche. Ein vom Vatikan ediertes Buch über diesen Papst erläutert: »Diese Pfarr-Visiten des Bischofs von Rom bereiten große Freude… Vor 50 Jahren gab es den Stadtteil Portuense noch gar nicht. Aber jetzt, welch ein blühendes Leben! Überall Betriebsamkeit. Und die Gläubigen wetteifern mit den Brüdern aus anderen Vierteln in ihrer Verehrung für Jesus Christus.« In der Tat stieg die Zahl der um dieses Got teshaus gescharten Katholiken rapide. Deshalb entfaltete die Pfarrei immer mehr Aktivitäten. Im April 1969 erhob Paul VI. »Gesù Divino Lavoratore« zur Titelkirche von Kardinälen. Der erste in dieser Reihe: Paolo Kardinal Yü Pin, ein Chinese.

Mit ihm hat es seine besondere Bewandtnis. Der einstige Erzbischof von Nanking, 1949 vom Kommunistenführer Mao-tse-tung vertrieben, wurde nach langen Jahren im US-Exil schließlich Rektor der katholischen Universität Fu Jen in Taiwan. Kurz nach der Kardinalsernennung in Rom ergriff er Besitz von seiner Titelkirche, wobei er unter anderen mit mehreren chinesischen Priestern konzelebrierte. Im August 1978, nach dem Tod Pauls VI., reiste Yü Pin zur Papstwahl nach Rom, wo er jedoch überraschend vor dem Konklavebeginn starb. [...]
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