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Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« am 8. Februar

Das Gebet Jesu vor seinem Tod

Das Gebet Jesu vor seinem Tod
Liebe Brüder und Schwestern!

Heute möchte ich mit euch über das Gebet Jesu unmittelbar vor seinem Tod nachdenken und bei dem verweilen, was der hl. Markus und der hl. Matthäus uns mitteilen. Die beiden Evangelisten geben das Gebet des sterbenden Jesus nicht nur in griechischer Sprache wieder, in der ihr Bericht geschrieben ist, sondern aufgrund der großen Bedeutung jener Worte auch in einer Mischung aus Hebräisch und Aramäisch. Auf diese Weise haben sie nicht nur den Inhalt überliefert, sondern sogar den Klang, den dieses Gebet auf den Lippen Jesu hatte: Wir hören wirklich die Worte Jesu, so wie sie waren. Gleichzeitig haben sie uns die Haltung jener beschrieben, die bei der Kreuzigung anwesend waren und die dieses Gebet nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollten.

Geheimnisvolles Wirken Gottes

Wie wir gehört haben, schreibt der hl. Markus: »Als die sechste Stunde kam, brach über das ganze Land eine Finsternis herein. Sie dauerte bis zur neunten Stunde. Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: Eloï, Eloï, lema sabachtani?, das heißt übersetzt: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« (15,33– 34). In der Erzählstruktur erhebt Jesus sein Gebet, seinen Ruf auf dem Höhepunkt der dreistündigen Finsternis, die sich von der sechsten bis zur neunten Stunde auf das ganze Land legte. Diese dreistündige Dunkelheit wiederum ist die Fortsetzung eines vorhergehenden Zeitabschnitts von ebenfalls drei Stunden, der mit der Kreuzigung Jesu begonnen hat. Denn der Evangelist Markus teilt uns mit: »Es war die dritte Stunde, als sie ihn kreuzigten« (vgl. 15,25). Aus der Gesamtheit der Zeitangaben des Berichtes heraus sind die sechs Stunden Jesu am Kreuz in zwei chronologisch gleichwertige Teile unterteilt.

Die ersten drei Stunden, von neun Uhr bis Mittag, sind begleitet vom Spott verschiedener Personengruppen, die ihre Skepsis zeigen und ihren Unglauben bekunden. Der hl. Markus schreibt: »Die Leute, die vorbeikamen, verhöhnten ihn« (15,29); »auch die Hohenpriester und die Schriftgelehrten verhöhnten ihn« (15,31); »auch die beiden Männer, die mit ihm zusammen gekreuzigt wurden, beschimpften ihn« (15,32). In den drei darauffolgenden Stunden, von Mittag »bis zur neunten Stunde« spricht der Evangelist nur von der Finsternis, die über die ganze Erde herabgekommen ist; die Dunkelheit allein füllt die ganze Szene aus ohne jegliche Bezugnahme auf Bewegungen von Personen oder auf Worte. Als Jesus dem Tod immer näherkommt, gibt es nur die Finsternis, die »über das ganze Land« hereinbricht. Auch der Kosmos nimmt teil an diesem Ereignis: Die Finsternis umgibt Personen und Dinge, aber selbst in diesem Augenblick der Finsternis ist Gott gegenwärtig, verläßt er Jesus nicht. In der biblischen Überlieferung hat die Finsternis eine ambivalente Bedeutung: Sie ist Zeichen für die Gegenwart und das Wirken des Bösen, aber auch für eine geheimnisvolle Gegenwart und ein geheimnisvolles Wirken Gottes, der in der Lage ist, jede Finsternis zu überwinden. Im Buch Exodus zum Beispiel lesen wir: »Der Herr sprach zu Mose: Ich werde zu dir in einer dichten Wolke kommen« (19,9). Weiter heißt es dort: »Das Volk hielt sich in der Ferne und Mose näherte sich der dunklen Wolke, in der Gott war« (20,21). Und in den Reden des Deuteronomiums berichtet Mose: »Der Berg brannte: Feuer, hoch bis in den Himmel hinauf, Finsternis, Wolken und Dunkel « (4,11), »als ihr den Donner mitten aus der Finsternis gehört hattet und der Berg immer noch in Feuer stand« (5,23). In der Kreuzigungsszene Jesu umgibt Finsternis die Erde: Es ist die Finsternis des Todes, in die der Sohn Gottes eintaucht, um das Leben zu bringen, durch seinen Akt der Liebe.
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