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(Vat. lat. 1950)


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Aus dem Vatikan
Generalaudienz in der »Aula Paolo VI« am 29. November

Dorthin gelangen, wo neue Geschichten und Paradigmen entstehen

Dorthin gelangen, wo neue Geschichten und Paradigmen entstehen
Zu Beginn der Generalaudienz ging Papst Franziskus kurz auf seinen Gesundheitszustand ein: »Mir geht es noch nicht gut mit dieser Grippe und die Stimme ist nicht schön.« Die Katechese und seine Grußworte an die Tausenden von Teilnehmern in der »Aula Paolo VI« ließ der Papst von Mitarbeitern des vatikanischen Staatssekretariats und des Dikateriums für die Kommunikation vorlesen. Den Friedensappell und den Schlusssegen sprach der Heilige Vater selbst.
Liebe Brüder und Schwestern!

Die letzten Male haben wir gesehen, dass die christliche Verkündigung Freude und für alle ist. Heute sehen wir einen dritten Aspekt: Sie ist für das Heute.

Man hört fast immer schlecht über das Heute reden. Gewiss, mit den Kriegen, dem Klimawandel, den planetarischen Ungerechtigkeiten und der Migration, der Krise der Familie und der Hoffnung fehlt es nicht an Gründen zur Sorge. Im Allgemeinen scheint das Heute bewohnt zu sein von einer Kultur, die das Individuum über alles und die Technik in den Mittelpunkt von allem stellt, mit ihrer Fähigkeit, viele Probleme zu lösen, und ihren gewaltigen Fortschritten in vielen Bereichen. Gleichzeitig führt diese Kultur des individuellen und technischen Fortschritts jedoch dazu, eine Freiheit durchzusetzen, die sich keine Grenzen setzen will und sich gleichgültig zeigt gegenüber denen, die zurückbleiben. Und so überlässt sie die großen menschlichen Bestrebungen den oft unersättlichen Logiken der Wirtschaft, mit einer Sicht des Lebens, die jene aussondert, die nicht produzieren, und sich schwertut, über das Immanente hinauszublicken. Wir könnten sogar sagen, dass wir uns in der ersten Zivilisation der Geschichte befinden, die global versucht, eine menschliche Gesellschaft ohne die Gegenwart Gottes zu organisieren und die sich in riesigen Städten konzentriert, die horizontal bleiben, auch wenn sie schwindelerregende Wolkenkratzer haben.

Verkündigung im Heute


Es kommt uns der Bericht von der Stadt Babel und ihrem Turm in den Sinn (vgl. Gen 11,1-9). Darin ist die Rede von einem gesellschaftlichen Projekt, das vorsieht, jegliche Individualität der Leistungsfähigkeit der Kollektivität zu opfern. Die Menschheit spricht nur eine einzige Sprache – wir könnten sagen, dass sie ein »Einheitsdenken« hat –, sie ist gleichsam gefangen in einem allgemeinen Bann, der die Einzigartigkeit eines jeden in eine Blase der Einförmigkeit aufsaugt. Daher verwirrt Gott die Sprachen, stellt also die Unterschiede wieder her, schafft wieder die Bedingungen, unter denen sich die Einzigartigkeiten wieder entwickeln können, beseelt wieder die Vielfalt, wo die Ideologie Einheitlichkeit aufzwingen möchte. Der Herr bringt die Menschheit auch von ihrem Allmachtswahn ab: »So wollen wir uns einen Namen machen«, sagen die Bewohner von Babel begeistert (v. 4), der bis zum Himmel reichen soll, um Gottes Platz einzunehmen. Aber es sind gefährliche, verfremdende, zerstörerische Ambitionen, und indem der Herr diese Erwartungen verwirrt, schützt er die Menschen und beugt einer sich ankündigenden Katastrophe vor. Dieser Bericht erscheint wirklich aktuell: Auch heute gründet der Zusammenhalt statt auf Geschwisterlichkeit und Frieden auf Ehrgeiz, auf Nationalismus, auf Vereinheitlichung, auf technischen und wirtschaftlichen Strukturen, die die Überzeugung einflößen, dass Gott unbedeutend und nutzlos sei: nicht so sehr, weil man einen Wissenszuwachs, sondern vor allem einen Machtzuwachs sucht. Es ist eine Versuchung, die die großen Herausforderungen der heutigen Kultur durchzieht.

In Evangelii Gaudium habe ich versucht, einige davon zu beschreiben (vgl. Nr. 52-75), vor allem aber habe ich eingeladen zu einer Evangelisierung, »welche die neuen Formen, mit Gott, mit den anderen und mit der Umgebung in Beziehung zu treten, erleuchtet und die grundlegenden Werte wachruft. Es ist notwendig, dorthin zu gelangen, wo die neuen Geschichten und Paradigmen entstehen und mit dem Wort Jesu den innersten Kern der der Seele der Städte zu erreichen« (Nr. 74). Mit anderen Worten, man kann Jesus nur verkündigen, wenn man die Kultur der eigenen Zeit bewohnt und stets die Worte des Apostels Paulus über das Heute im Herzen trägt: »Siehe, jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; siehe, jetzt ist er da, der Tag der Rettung« (2 Kor 6,2). Es ist also nutzlos, dem Heute alternative Sichtweisen entgegenzustellen, die aus der Vergangenheit kommen. [...]
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