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Aus dem Vatikan
Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am 15. November

Wie kann das Herz des Menschen so schreckliche Taten begehen

Wie kann das Herz des Menschen so schreckliche Taten begehen
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Evangelium dieses vorletzten Sonntags im Jahreskreis unterbreitet uns einen Teil der Rede Jesu über die letzten Ereignisse der Menschheitsgeschichte, die auf die volle Erfüllung des Reiches Gottes ausgerichtet ist (vgl. Mk 13,24-32). Es ist eine Rede, die Jesus in Jerusalem vor seinem letzten Pascha hielt. Sie enthält einige apokalyptische Elemente wie Kriege, Hungersnöte, kosmische Katastrophen: »Die Sonne wird sich verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden« (V. 24-25). Diese Elemente aber sind nicht das Wesentliche der Botschaft. Der zentrale Kern, um den sich die Rede Jesu dreht, ist er selbst, das Geheimnis seiner Person, seines Todes und seiner Auferstehung und seine Wiederkehr am Ende der Zeiten.

Unser endgültiges Ziel ist die Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Daher möchte ich euch nun fragen: Wie viele von euch denken daran? Es wird einen Tag geben, an dem ich dem Herrn von Angesicht zu Angesicht begegnen werde. Und das ist unser Ziel: diese Begegnung. Wir erwarten keine Zeit oder einen Ort, sondern wir gehen einer Person entgegen: Jesus. Daher ist das Problem nicht, »wann« die mahnenden Zeichen der Endzeit geschehen werden, sondern für die Begegnung bereit zu sein. Und es geht auch nicht darum zu wissen, »wie« diese Dinge geschehen werden, sondern »wie« wir uns heute in deren Erwartung verhalten müssen. Wir sind aufgerufen, die Gegenwart zu leben und so unsere Zukunft gelassen und mit Gottvertrauen aufzubauen.

Das Gleichnis vom Feigenbaum, der als Zeichen des nahenden Sommers Blätter sprießen lässt (vgl. V. 28-29), besagt, dass uns die Perspektive des Endes nicht vom gegenwärtigen Leben ablenkt, sondern uns auf unsere Tage aus einem Blickwinkel der Hoffnung blicken lässt. Das ist die so schwer zu lebende Tugend: die Hoffnung, die kleinste der Tugenden, aber die stärkste. Unsere Hoffnung hat ein Antlitz: das Antlitz des auferstandenen Herrn, der »mit großer Macht und Herrlichkeit« (V. 26) kommt, der also seine gekreuzigte, in der Auferstehung verklärte Liebe offenbart. Der Triumph Jesu am Ende der Zeiten wird der Triumph des Kreuzes sein, der Beweis, dass das Opfer seiner selbst aus Liebe zum Nächsten, in der Nachfolge Christi, die einzige siegreiche Macht und der einzige feste Punkt inmitten der Umwälzungen und der Tragödien der Welt ist.

Jesus, der Herr, ist nicht nur der Zielpunkt der irdischen Pilgerreise, sondern er ist eine beständige Gegenwart in unserem Leben: er ist immer an unserer Seite, er begleitet uns immer. Wenn er daher von der Zukunft spricht und uns auf diese hin orientiert, so tut er dies immer, um uns zur Gegenwart zurückzuführen. Er stellt sich gegen die falschen Propheten, gegen die Wahrsager, die das nahe Ende der Welt sehen, und gegen den Fatalismus. Er ist bei uns, er geht mit uns, er liebt uns. Er will seine Jünger aller Zeiten von der Neugier für Daten, Vorhersagen, Horoskope abbringen, und er konzentriert unsere Aufmerksamkeit auf das Heute der Geschichte. Ich hätte Lust, euch zu fragen – aber antwortet jetzt nicht, ein jeder antworte für sich selbst: Wie viele von euch lesen das Tageshoroskop? Jeder gebe eine Antwort. Und wenn du das Verlangen hast, das Horoskop zu lesen, blicke auf Jesus, der bei dir ist. Das ist besser, das wird besser für dich sein. Diese Gegenwart Jesu ruft uns die Erwartung und die Wachsamkeit in Erinnerung, die sowohl die Ungeduld als auch die Schläfrigkeit, sowohl die Flucht nach vorn als auch das Verfangensein in der aktuellen Zeit und in der Weltlichkeit ausschließen. [...]
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