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Aus dem Vatikan
Generalaudienz auf dem Petersplatz am 17. Oktober

Mit größerem Mut den eigenen Glauben leben

Mit größerem Mut den eigenen Glauben leben
Vatikanstadt/Rom. Die Generalleiterin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Sr. Maria Judith Tappeiner CS, hat Papst Benedikt XVI. bei der Genealaudienz eine Reliquie der österreichischen Sozialpolitikerin Hildegard Burjan überreicht, die am 29. Januar 2012 im Wiener Stephansdom seliggesprochen worden war. Burjan war die erste christlich-soziale Abgeordnete im Parlament der Ersten Republik Österreichs. Sie gründete im Oktober 1919 die religiöse Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis. Zu ihrem Gedenken und als Dank für die Seligsprechung fand in der vergangenen Woche in Rom im Päpstlichen Institut Santa Maria dell’Anima ein Festgottesdienst mit anschließender Filmvorführung, einem Vortrag von Prof. Gisbert Greshake und einer Podiumsdiskussion statt.
Liebe Brüder und Schwestern!

Heute möchte ich die neue Katechesereihe einleiten, die sich durch das ganze Jahr des Glaubens hindurchziehen wird, das soeben begonnen hat und das – über diesen Zeitraum hinweg – den Zyklus unterbrechen wird, der der Schule des Gebets gewidmet ist. Mit dem Apostolischen Schreiben Porta Fidei habe ich dieses besondere Jahr ausgerufen, auf daß die Kirche die Begeisterung, an Jesus Christus, den einzigen Erlöser der Welt, zu glauben, erneuern, die Freude, den Weg zu gehen, den er uns gezeigt hat, neu beleben und die verwandelnde Kraft des Glaubens konkret bezeugen möge.

Der 50. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils ist eine wichtige Gelegenheit, zu Gott zurückzukehren, mit größerem Mut den eigenen Glauben zu leben, die Zugehörigkeit zur Kirche – »Lehrerin der Menschlichkeit« – zu festigen, die uns durch die Verkündigung des Wortes, die Feier der Sakramente und die Werke der Nächstenliebe dahin führt, Christus – wahrer Gott und wahrer Mensch – kennenzulernen. Es handelt sich nicht um die Begegnung mit einer Idee oder einem Lebensentwurf, sondern mit einer lebendigen Person, die uns tief im Innern verwandelt und uns unsere wahre Identität als Kinder Gottes offenbart. Die Begegnung mit Christus erneuert unsere menschlichen Beziehungen und richtet sie Tag für Tag in der Logik der Liebe auf größere Solidarität und Brüderlichkeit aus. An den Herrn zu glauben ist nicht etwas, das nur unsere Intelligenz, den Bereich des intellektuellen Wissens betrifft, sondern es ist eine Veränderung, die das Leben, unser ganzes Sein einbezieht: Empfinden, Verstand, Wille, Leiblichkeit, Gefühle, menschliche Beziehungen. Mit dem Glauben ändert sich wirklich alles in uns und für uns, und unsere zukünftige Bestimmung, die Wahrheit über unsere Berufung in der Geschichte, der Sinn des Lebens, der Genuß, Pilger auf dem Weg ins himmlische Vaterland zu sein, treten ganz deutlich zutage.

Aber – so fragen wir uns – ist der Glaube wirklich die verwandelnde Kraft in unserem Leben, in meinem Leben? Oder ist er nur eines der Elemente, die zum Leben gehören, ohne das entscheidende Element zu sein, das es vollkommen einnimmt? Mit den Katechesen dieses Jahres des Glaubens möchten wir einen Weg beschreiten, um die Freude des Glaubens zu stärken oder wiederzufinden und zu verstehen, daß der Glaube nichts Fremdes, vom konkreten Leben Getrenntes ist, sondern daß er die Seele des Lebens ist. Der Glaube an einen Gott, der Liebe ist und der zum Menschen gekommen ist, indem er Mensch geworden ist und sich selbst am Kreuz hingegeben hat, um uns zu erlösen und uns die Tore des Himmels wieder zu öffnen, zeigt auf leuchtende Weise, daß die Fülle des Menschen nur in der Liebe besteht. Das muß heute, da der derzeit stattfindende kulturelle Wandel oft viele Formen der Barbarei aufzeigt, die als »zivilisatorische Errungenschaften « gelten, noch einmal deutlich gesagt werden: Der Glaube sagt, daß es keine wahre Menschlichkeit gibt außer an den Orten, in den Gesten, in den Zeiten und in den Formen, in denen der Mensch beseelt ist von der Liebe, die von Gott kommt, daß sie als Geschenk zum Ausdruck kommt und sich in Beziehungen offenbart, die reich sind an Liebe, Mitgefühl, Aufmerksamkeit und uneigennützigem Dienst am anderen. Wo Herrschaft, Besitzstreben, Ausbeutung ist, wo der andere für den eigenen Egoismus zur Ware degradiert wird, wo die Arroganz des in sich selbst verschlossenen Ich vorhanden ist, dort verarmt der Mensch, wird er herabgewürdigt und entstellt. Der christliche Glaube, der in der Liebe tätig und in der Hoffnung stark ist, beschränkt das Leben nicht, sondern macht es menschlich – ja sogar vollmenschlich. [...]
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