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Aus dem Vatikan
Generalaudienz auf dem Petersplatz am 18. Juni

Die Kirche sind wir alle

Die Kirche sind wir alle
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Und meine Hochachtung: Ihr seid mutig gewesen, bei diesem Wetter, wo man nicht weiß, ob es einen Regenschauer gibt, ob nicht ein Regenschauer kommt… Alle Achtung! Hoffentlich können wir diese Audienz ohne Regenschauer beenden, der Herr möge Erbarmen haben mit uns.

Heute beginne ich eine Katechesenreihe über die Kirche – ein wenig wie ein Sohn, der über seine eigene Mutter spricht, über die eigene Familie. Über die Kirche zu sprechen bedeutet, über unsere Mutter, über unsere Familie zu sprechen. Denn die Kirche ist keine Institution, die zu ihrem eigenen Nutzen erschaffen wurde, und auch kein privater Verein, keine Nicht-Regierungsorganisation, und schon gar nicht darf man den Blick auf den Klerus oder auf den Vatikan beschränken … »Die Kirche meint …« Die Kirche sind wir doch alle! »Von wem sprichst du?« »Von den Priestern, oder?« Ja, die Priester gehören zur Kirche, aber die Kirche sind wir alle! Man darf sie nicht auf die Priester, auf die Bischöfe, auf den Vatikan beschränken … Sie gehören zur Kirche, aber die Kirche sind wir alle. Wir sind alle eine Familie, alle von der einen Mutter. Und die Kirche ist eine sehr viel umfassendere Wirklichkeit, die sich zur ganzen Menschheit hin öffnet und die nicht in einem Labor entstanden ist, die nicht von selbst entstanden ist. Sie ist von Jesus gegründet worden, aber sie ist ein Volk, das eine lange Geschichte hat und dessen Vorbereitung schon lange vor Christus selbst begonnen hat.

Diese Geschichte oder »Vorgeschichte« der Kirche findet sich bereits im Alten Testament. Wir haben gehört, was das Buch Genesis sagt: Gott hat Abraham, unseren Vater im Glauben, erwählt und ihn aufgefordert, sich aufzumachen, seine irdische Heimat zu verlassen und in ein anderes Land zu ziehen, das er ihm zeigen würde (vgl. Gen 12,1-9). Und in dieser Berufung ruft Gott Abraham nicht allein, als Einzelnen, sondern er bezieht von Anfang an seine Familie, seine Verwandtschaft und alle ein, die im Dienst an seinem Haus stehen. Als er erst einmal unterwegs ist – ja, so macht sich die Kirche auf den Weg –, erweitert Gott dann den Horizont noch mehr und erfüllt Abraham mit seinem Segen, verheißt ihm eine Nachkommenschaft, die so zahlreich sein wird wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meer. Der erste wichtige Punkt ist genau dies: Von Abraham ausgehend bildet Gott ein Volk, damit es allen Familien der Erde seinen Segen bringen möge. Und in diesem Volk wird Jesus geboren. Gott schafft dieses Volk, diese Geschichte, die Kirche auf ihrem Weg, und dort, in diesem Volk, wird Jesus geboren.

Ein zweites Element: Nicht Abraham ist es, der ein Volk um sich gründet, sondern Gott ist es, der diesem Volk Leben schenkt. Gewöhnlich wandte sich der Mensch an die Gottheit: er versuchte, die Distanz zu überwinden, und bat um Unterstützung und Schutz. Die Menschen beteten zu den Göttern, den Gottheiten. In diesem Fall dagegen erlebt man etwas nie Dagewesenes: Gott selbst ergreift die Initiative. Hören wir das: Gott selbst klopft an Abrahams Tür und sagt zu ihm: Vorwärts, zieh weg aus deinem Land, mach dich auf, und ich werde dich zu einem großen Volk machen.

Und das ist der Anfang der Kirche, und in diesem Volk wird Jesus geboren. Gott ergreift die Initiative und richtet sein Wort an den Menschen, stellt zu ihm eine Bindung und eine neue Beziehung her. »Aber Vater, wie geht das? Gott spricht mit uns?« »Ja.« »Und wir können mit Gott sprechen?« »Ja.« »Können wir denn mit Gott ein Gespräch führen?« »Ja.« Das nennt man Gebet, aber Gott hat es von Anfang an getan. So bildet Gott ein Volk mit allen, die sein Wort hören und sich im Vertrauen auf ihn auf den Weg machen. Das ist die einzige Bedingung: Gott vertrauen. Wenn du Gott vertraust, hörst du auf ihn und machst dich auf den Weg. Das bedeutet, Kirche zu schaffen. Die Liebe Gottes geht allem voran. Gott ist immer der erste, er kommt vor uns an, er geht uns voraus. Der Prophet Jesaja – oder Jeremia, ich erinnere mich nicht genau – sagte, dass Gott wie die Blüte des Mandelbaumes ist, denn es ist der erste Baum, der im Frühling blüht. Das heißt, dass Gott immer vor uns blüht. Wenn wir ankommen, erwartet er uns. Er ruft uns, er lässt uns vorangehen. Er ist immer vor uns da. Und das nennt sich Liebe, denn Gott erwartet uns immer. »Aber Vater, das glaube ich nicht, denn wenn Sie wüssten, Vater… Mein Leben war so schlecht, wie kann ich da meinen, dass Gott mich erwartet?« »Gott erwartet dich. Und wenn du ein großer Sünder warst, dann erwartet er dich noch mehr, und er erwartet dich mit so viel Liebe, denn er ist der erste.« Das ist die Schönheit der Kirche, dass sie uns zu diesem Gott führt, der uns erwartet! Er geht Abraham voraus, er geht auch Adam voraus. [...]
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