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Aus dem Vatikan
Papst Franziskus erlässt Anti-Missbrauchgesetze für den Vatikanstaat und die Römische Kurie

Modernste Standards für den Schutz von Minderjährigen

Modernste Standards für den Schutz von Minderjährigen
Von Andrea Tornielli,
Chefredakteur des Dikasteriums für die Kommunikation


Alle drei Dokumente tragen die Unterschrift des Papstes: das Motu proprio über den Schutz von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen, das neue Gesetz für den Staat der Vatikanstadt, das auch auf die Römische Kurie ausgeweitet wird, und die pastoralen Richtlinien. Sie sind etwa einen Monat nach dem Kinderschutz-Treffen im Februar veröffentlicht worden, zu dem sich die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt im Vatikan versammelt hatten und sind in gewisser Weise eine erste Frucht dieses Treffens.

Es handelt sich dabei um sehr spezifische Gesetze, Normen und Richtlinien, vor allem was die Adressaten angeht. Denn sie betreffen nur den Vatikanstaat, wo zwar viele Priester und Ordensleute tätig sind, wo es aber nur sehr wenige Kinder gibt. Diese drei Dokumente wurden also für eine in der Welt einzigartige Realität konzipiert und geschrieben, in der die höchste religiöse Autorität auch der Souverän und Gesetzgeber ist. Trotzdem enthalten sie vieles, was für andere vorbildlich sein kann, weil es den modernsten internationalen Standards entspricht.

Im Motu proprio – dem einzigen der drei Texte, für den die Unterschrift des Papstes unerlässlich war – bringt Franziskus den Wunsch zum Ausdruck, dass »jeder sich der Pflicht bewusst sein solle, Missbrauch den zuständigen Behörden zu melden und mit ihnen bei Prävention und Gegenmaßnahmen zusammenzuarbeiten«. Dadurch wird ein grundlegendes Prinzip bekräftigt.

Die Tatsache, dass der Papst beschlossen hat, auch das Gesetz CCXCVII und die Richtlinien persönlich zu unterzeichnen – Texte, die eigentlich hätten von der Kommission für den Vatikanstaat bzw. vom Generalvikar für die Vatikanstadt promulgiert werden können –, ist ein Hinweis auf den Wert, den man diesen Normen beimessen will.

Das erste der drei Dokumente ist das neue Gesetz, dessen erster Artikel eine genaue und weit gefasste Definition für die Kategorie der »schutzbedürftigen Erwachsenen« enthält: »Schutzbedürftig ist jeder Mensch, der gebrechlich ist, der physisch oder psychisch krank ist oder, auch wenn dies nur gelegentlich der Fall ist, seiner persönlichen Freiheit beraubt ist, was de facto den Vollbesitz seiner geistigen Kräfte beziehungsweise seine Fähigkeit, Widerstand gegen Übergriffe zu leisten, einschränkt.«

Der Text enthält eine ganze Reihe von wichtigen Neuerungen. Die erste besteht in der Tatsache, dass von nun an alle Verbrechen im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch, nicht nur solche sexueller Natur, sondern beispielsweise auch Misshandlungen, »von Amts wegen strafbar« sein werden, also auch, wenn seitens der Geschädigten keine Anzeige erhoben wurde. Die zweite Neuheit besteht in der Einführung einer 20-jährigen Verjährungsfrist, die »im Falle des Missbrauchs eines Minderjährigen ab seinem achtzehnten Geburtstag« beginnt. Es sei daran erinnert, dass es sich hier nicht um kanonische Gesetze handelt, sondern um die Strafgesetze des Staates der Vatikanstadt, der das in Italien zur Zeit des Faschismus eingeführte Strafgesetzbuch, den sogenannten »Codice Rocco«, nie übernommen hat, sondern wo nach wie vor der [in Italien 1889 eingeführte] »Codice Zanardelli« gilt, der für diese Vergehen Verjährungsfristen vorsah, die nie später als vier Jahre nach der Verübung der Straftat abliefen. [...]
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