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Kirche in der Welt
Im Gespräch mit dem koptisch-katholischen Patriarchen von Alexandrien

Brücken des Dialogs in Ägypten

Brücken des Dialogs in Ägypten
Ibrahim Isaac Sidrak, seit Januar 2013 koptisch-katholischer Patriarch von Alexandrien.
Von Nicola Gori

Eine Brücke des Dialogs, die sich in einem mehrheitlich muslimischen Land mit wachsendem Fanatismus und Fundamentalismus konfrontiert sieht: Das ist die Rolle der koptisch-katholischen Kirche, deren Bischöfe am 6. Februar ihren »Ad-limina«-Besuch absolviert haben. Im Interview mit dem »L’Osservatore Romano« spricht Patriarch Ibrahim Isaac Sedrak von der Notwendigkeit, Zeugnis zu geben von den menschlichen und christlichen Werten, vor allem durch eine starke Präsenz im Bildungsbereich sowie im Gesundheitswesen.

Was sind die größten Herausforderungen, die Sie zu bewältigen haben?


Patriarch: Vor allem ist es der Dialog. Wenn ich von Ägypten spreche, dann spreche ich nicht als Christ, sondern als Ägypter. Die Staatsbürgerschaft ist wichtig für uns und wir versuchen, dies stets zu unterstreichen, gerade in den Beziehungen zu unseren muslimischen Freunden und insbesondere zu jenen, die eine offene Mentalität besitzen und den Dialog voranbringen wollen.

Wie sieht die Beziehung zu ihnen aus?

Patriarch:
Heute haben die Dinge sich geändert, es gibt Redefreiheit, auch wenn es leider nicht an Formen der Kontrolle fehlt. Sicher, wenn man von Religion spricht, kann dies die Sensibilität der Menschen reizen und es kann auch zu übertriebenen Reaktionen kommen. Das ägyptische Volk ist sehr sensibel, aber wenn es sieht, dass Menschen sich der Gewalt bedienen, weiß es sehr wohl zu unterscheiden. Die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen diese Instrumentalisierung und weiß, dass der Fundamentalismus nicht von Gott kommt, keine Religion ist. Und gerade wegen ihm ist Ägypten dabei, seine Identität, seinen Charakter als Land einer alten Zivilisation zu verlieren. Daher wehrt sich das Volk.

Auf welchem Gebiet ist eine Begegnung möglich?

Patriarch: Im Bereich der Bildung. Die ägyptische Gesellschaft leidet hier bedauerlicherweise unter einem großen Mangel. Wir haben über 40 Prozent Analphabeten. Das Hauptproblem ist, dass die Eltern wegen fehlender Arbeit die Kinder nicht in die Schule schicken, sondern sie arbeiten lassen. Was können wir tun? Sicher sind die katholischen Schulen in dieser Hinsicht eine große Hilfe, aber sie erreichen nur einige Sektoren der Gesellschaft. In diesen Einrichtungen wird ein »cours de vie« (»Lebenskurs«) organisiert, in dem die uns gemeinsamen menschlichen und christlichen Werte vorgestellt werden, und über diese denkt man mit den Kindern nach und diskutiert über sie. Die Muslime erleben dies nicht als direkte Evangelisierung: Sie fühlen, dass sie mit Respekt behandelt werden und nicht mit Heuchelei. Das ist äußerst wichtig. Aber neben dem Analphabetismus tout court gibt es auch den religiösen Analphabetismus. In Oberägypten, einem sehr armen und vernachlässigten Gebiet, sind die Muslimbrüder aktiv. In der Vergangenheit gab es Vereinbarungen zwischen den Regierungen und der Bruderschaft. Letztere durfte sich nicht mit Politik befassen, aber sie konnte intern Schulen errichten, wo vieles gelehrt wurde, was gegen das Land und die Religion gerichtet war. So haben sie Generationen ausgebildet, die nicht nachdenken und sich keine Fragen stellen, sondern sich dem Dialog verschließen. Das verursacht Fanatismus, der im passenden Moment hervorkommt. Ich muss sagen, dass die Ägypter vom Charakter her friedlich sind, aber wenn man an die Religion rührt, dann sind sie sehr sensibel. Wir ägyptischen Christen wissen, wie wir uns verhalten müssen, wenn wir über Religion sprechen, und welche Themen uns gemeinsam sind, über die wir sprechen können.

Zu dieser Situation kommen die von der Wirtschaftskrise verursachten Probleme hinzu. Mit welchen Folgen?

Patriarch: Die Wirtschaftskrise vergrößert die Schwierigkeiten bloß. Auch der Tourismus läuft nur schleppend. Es gibt keine Arbeit, keinen industriellen Fortschritt. Wachsende Bevölkerungszahlen stellen neue Herausforderungen. Wir haben jedes Jahr anderthalb Millionen Geburten. Das führt dazu, dass es in den Schulen Klassen mit 120 Kindern gibt. Unter diesen Umständen ist Lernen unmöglich. Das sind konkrete Probleme, die eine Antwort erfordern. Die Kirche tut das Ihre. Die katholische Schule ist für alle da, die Atmosphäre, die dort herrscht, ist ruhig. Die Lehrer werden nach objektiven Kriterien ausgewählt. Im Gegensatz dazu sind die staatlichen Schulen nicht in der Lage, den erzieherischen Anforderungen gerecht zu werden und so hängen die Kleinen für ihre Formung vor allem von der Familie ab. [...]
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