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Kirche in der Welt
Walter Kardinal Brandmüller gibt einige Anregungen zum Nachdenken über den Zölibat

Priester übernehmen durch die Weihe auch die Lebensform Christi

Priester übernehmen durch die Weihe auch die Lebensform Christi
Walter Kardinal Brandmüller
Wir veröffentlichen die Einführung, die der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller für das Buch »Reizthema Zölibat« verfaßt hat. Der Band, hrsg. von Armin Schwibach, bietet eine kleine Sammlung der wichtigsten und interessantesten Wortmeldungen, die in den Medien verzeichnet werden konnten und den Wert der priesterlichen Ehelosigkeit beleuchten.

Klarstellungen

In der nun schon seit etwa 200 Jahren immer wieder aufflackernden Diskussion um den Zölibat der Priester wurden bisher fast ausschließlich Argumente angeführt, die die Zweckmäßigkeit oder »Machbarkeit« zölibatärer Lebensweise zum Gegenstand haben. Dazu gehört etwa der häufig dramatisch beschworene Priestermangel, der — so meint man — durch eine »mutige« Entscheidung für die Möglichkeit der Priesterehe behoben werden könne. Auf solche Argumente wurde immer wieder mit ebenso vielen Gegengründen geantwortet. Eine Wiederholung erübrigt sich. Es kommt auf all das gar nicht an. Denn die Kirche ist nun einmal kein Sozialunternehmen zur Weltverbesserung, sie ist keine rein gesellschaftliche Größe, die mit menschlichen Maßstäben zu messen wäre. Sie ist — so Paulus — der geheimnisvolle Leib Christi. Der aber ist mit rein menschlichen Kategorien nicht zu fassen. Darum kommt es wirklich auf das an, was Jesus Christus selbst zu unserem Thema sagt. Es sind die Evangelien nach Matthäus, Markus und Lukas, welche die diesbezüglichen Worte Jesu berichten:

Bei Matthäus (19,29) ist zu lesen: »… Jeder, der um meines Namens willen Häuser oder Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird dafür das Hundertfache erhalten und das ewige Leben gewinnen.« Ganz ähnlich Markus (10,29): »Amen ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen.« Noch ausführlicher Lukas (18,29f.): »Amen, ich sage euch: Jeder, der um des Reiches Gottes willen Haus oder Frau, Brüder, Eltern oder Kinder verlassen hat, wird dafür schon in dieser Zeit das Vielfache erhalten und in der kommenden Welt das ewige Leben.«

Jesus richtet diese Worte nicht an die große Volksmenge, sondern an jene, die er aussenden will, um sein Evangelium und den Anbruch des Reiches Gottes zu verkünden. Zur Erfüllung dieser Sendung ist es also notwendig, alle irdischen, menschlichen Bindungen abzustreifen. Da dies radikale Trennung, Verlust des Selbstverständlichen bedeutet, verheißt Jesus ihnen überreiche »Entschädigung«. Nun wird gelegentlich eingewandt, dieses »alles Verlassen« habe nur für die Dauer der Verkündigungsreise gegolten, danach seien die Jünger zu ihren Familien zurückgekehrt. Nun, dafür gibt es keinen Hinweis. Der Text der Evangelien spricht im Übrigen von etwas Endgültigem, wenn dabei auf das ewige Leben verwiesen wird. Da nun die Evangelien zwischen 40 und 70 n. Chr. entstanden sind, hätten ihre Verfasser sich selbst in schlechtes Licht gestellt, wenn sie Jesus Worte in den Mund gelegt hätten, denen ihr eigenes Leben nicht entsprochen hätte. Jesus verlangt also von jenen, denen er Anteil an seiner Sendung gibt, daß sie sich auch seine Lebensform zu eigen machen.

Was aber ist davon zu halten, wenn Paulus im ersten Korintherbrief (9,5) schreibt: »Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Haben wir nicht das Recht, zu essen und zu trinken? Haben wir nicht das Recht, eine gläubige Frau mitzunehmen, wie die übrigen Apostel und die Brüder des Herrn und Kephas? Sollen nur ich und Barnabas auf das Recht verzichten, nicht zu arbeiten? « Ist damit nicht vorausgesetzt, daß die Apostel in Begleitung ihrer Frauen unterwegs waren? [...]
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