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Kultur
Zur Öffnung des Historischen Archivs der Apostolischen Pönitentiarie

Historische Ereignisse – Spiegelbild im Leben der kleinen Leute

Historische Ereignisse – Spiegelbild im Leben der kleinen Leute
Ein Bittsteller, der sich an die Pönitentiarie wendet, hat an der Belagerung von Rhodos teilgenommen.
Anläßlich der Öffnung des Historischen Archivs der Apostolischen Pönitentiarie fand im Palazzo della Cancelleria in Rom ein Studientag statt, der – wie der Regent der Pönitentiarie, Bischof Gianfranco Girotti, unterstrich – »die historische Bedeutung und starke kulturelle Tragweite des Dikasteriums« deutlich machen sollte. Große Erwartungen weckt bei den Gelehrten besonders die (bis zum Jahr 1914 reichende) Öffnung der Bestände, welche die Dokumentation von Fällen, Sachverhalten und Situationen betreffen, die die Apostolische Pönitentiarie in ihrer jahrhundertelangen Tätigkeit in foro externo, also im äußeren Rechtsbereich, behandelt hat, zusammen mit anderen Reihen, welche die Geschichte des Dikasteriums im engeren Sinn betreffen. »Die Erweiterung des Umfangs der einsehbaren Dokumente«, führte Bischof Girotti zum Abschluß der Begegnung aus, »wird neue Beiträge zu wichtigen Fragen der Kirchengeschichte, des kanonischen Rechts, der Moraltheologie und des Umgangs mit den Sakramenten liefern können. Aber noch mehr werden die Forscher bedeutsame Nachrichten zur sozialen, rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Geschichte des jeweiligen Zeitraumes, auf den sich die verschiedenen Serien beziehen, sowie den paläographischen und diplomatischen Wert eines Großteils der Dokumentation entdecken können.« Wir veröffentlichen im folgenden Auszüge aus dem Vortrag, den der emeritierte Direktor des Deutschen Historischen Instituts, Prof. Arnold Esch, gehalten hat.

Seit den Kreuzzügen hatte die Kirche unter Strafandrohung der Exkommunikation den Verkauf von wichtigen Materialien, die für strategische Zwecke Verwendung finden konnten, an Muslime verboten. Es handelte sich dabei vor allem um Metall, Holz, Pech (also Materialien für den Schiffsbau), aber auch die Lieferung von Schwefel, Nahrungsmitteln und anderem mehr konnte strafrechtlich verfolgt werden. In dem dichten Geflecht des Handels im Mittelmeerraum konnte ein derartiges Verbot natürlich nicht eingehalten werden. Aber die Kirche blieb weiter hart – ein Glück für uns Historiker, denn angesichts der Tatsache, daß die Verstöße gegen die Vorschrift immer berichtet werden mußten, bieten sie uns ein lebendiges Bild von diesem Handel zwischen den nördlichen christlichen Ufern und den muslimischen Ufern im Süden. Und davon möchte ich wenigstens ein paar Eindrücke vermitteln.

Wir sehen – und hier beschränke ich mich nur auf die Italiener –, wie Genuesen, Venezianer, Neapolitaner, aber auch die Florentiner den »Sarazenen« gern alles nur Vorstellbare und Mögliche lieferten (die Venezianer hatten neben dem Schiffskonvoi nach Alessandria einen regulären »convoglio di Barberia«, also einen »Schiffskonvoi in das Berberland«, der jedes Jahr in acht Häfen des Maghreb anlegte). Die in den Suppliken erwähnten Italiener (unter den ligurischen Kaufleuten befand sich ein Riario aus Savona, zweifellos aus der mit dem späteren Papst Sixtus IV. della Rovere verwandten Familie) hatten Eisen, Stahl, Nutzholz, Schwefel, Harnische, sardischen Käse, einmal (allerdings gezwungenermaßen, wie sie behaupteten) sogar ein ganzes Schiff geliefert. Auch im Fall des bescheidensten Gewinns schrieb die Pönitentiarie eine mit der Datarie zu verhandelnde compositio, also eine Vereinbarung über eine bestimmte Geldsumme, vor. [...]
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