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Kultur
Das Hypogäum der Aurelier – Ein unterirdischer Grabbau und seine Rätsel

Christliches Gedankengut im multireligiösen Horizont der Antike

Christliches Gedankengut im multireligiösen Horizont der Antike
Im oberen Teil des Freskos wurde die Szene der Aurelia Prima entdeckt, die um ihre verstorbenen Brüder trauert.
Es gibt Denkmäler, die »zu viel reden« und zu einem unentwirrbaren Durcheinander von Ideen, Gedanken, Interpretationsmöglichkeiten werden. Deshalb müssen Archäologen und Kunsthistoriker ihre Werkzeuge schärfen, um die eng verschlungenen Knoten der Gedanken zu lösen, von denen Auftraggeber und artifices sich inspirieren ließen, als sie das Monument oder seine Dekoration erdacht haben.

Das ist der Fall beim Hypogäum der Aurelier in der Viale Manzoni. Der Grabbau war 1919 bei der Errichtung einer Garage entdeckt worden, die dann in den Besitz der »Fiat Spa« überging. Er befindet sich im Südosten Roms, nicht weit entfernt von der Basilika »Santa Croce in Gerusalemme«. Das damalige Denkmalamt führte systematische Grabungen durch, Inspektor Goffredo Bendinelli bereitete eine erste kritische Analyse des Dekorationsprogramms vor, die dann von dem großen auf ikonographische Fragen spezialisierten Archäologen Joseph Wilpert und dem Archäologen Orazio Marucchi auf den neuesten Stand gebracht wurde. Von da an wurde das Hypogäum eine Art »Exerzierplatz« für alle Gelehrten, die sich mit der spätantiken Religionsgeschichte beschäftigten: so wurden die Auftraggeber mal als heidnisch, mal als christlich betrachtet oder auch im Bereich der Gnosis vermutet.

Denn das Dekorationsprogramm der drei Grabräume weist eine komplexe Thematik auf, die schwerlich auf eine einzige ikonographische Richtung zurückgeführt werden kann. Es zeigt jenen Eklektizismus, der das multireligiöse kulturelle Klima im 3. Jahrhundert kennzeichnet, etwa von den Severern (um 200 n. Chr.) bis zur Herrschaft von Gallienus (260–268 n. Chr.). In dieser Zeit gibt es Tausende von politischen, sozialen, wirtschaftlichen und militärischen Problemen, und so sucht man seine Zuflucht im philosophischen und religiösen Denken, das die neuen, aus dem Orient stammenden Glaubensströmungen und -formen in die römische Ideologie integriert.

Synkretismus der Religionen

Mithraskult, jüdisches Denken, neuplatonische Philosophie, Orphik, Christentum und Gnosis bestehen in einem multiethnischen und multireligiösen Rom Seite an Seite, mitunter kommt es auch zu Formen von Synkretismus und komplexen Überlagerungen religiösen Gedankenguts. Das Hypogäum der Aurelier ist Ausdruck ebendieser Komplexität der Vorstellungen, die in einer höheren, aufstrebenden Gesellschaftsschicht entwickelt wurden, die vielleicht zur Entourage der kaiserlichen Liberti (Freigelassene Sklaven) gehörte und danach strebte, die Bauten der höchsten und vermögendsten Schichten der Zeit nachzuahmen. [...]
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